US-Gefangenenlager Guantanamo: Gefangene verweigern Nahrung
Der Kommandeur des US-Gefangenenlagers Guantanamo reagiert auf einen Hungerstreik. Korane seien nicht entweiht worden.
WASHINGTON afp | Angesichts des Hungerstreiks von Häftlingen im umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo hat das US-Verteidigungsministerium einen respektlosen Umgang der Wärter mit Koran-Exemplaren dementiert.
„Es hat absolut keinen schlechten Umgang mit Koranausgaben gegeben“, erklärte am Mittwoch der Chef der US-Truppen in Lateinamerika (Southcom), John Kelly, der für das US-Gefangenenlager auf Kuba zuständig ist. „Kein Koran wurde entweiht oder in irgendeiner Form unrechtmäßig behandelt.“ Entsprechende Behauptungen seien „Unsinn“, fügte der hochrangige Pentagon-Vertreter hinzu.
Nach der Definition der US-Armee, wonach bei einem Hungerstreik mindestens neun Mahlzeiten in Folge verweigert wurden, befinden sich in Guantanamo derzeit 24 Häftlinge im Hungerstreik. Acht von ihnen werden demnach künstlich ernährt.
Kelly führte aus, nach Informationen des Pentagon hätten einige Häftlinge und ihre Anwälte große Hoffnungen darauf gesetzt, dass Guantanamo geschlossen werde, seien aber dadurch entmutigt worden, dass US-Präsident Barack Obama sein ursprüngliches Vorhaben in seiner Antrittsrede zu Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar nicht bekräftigt habe. Mit dem Hungerstreik wollten sich einige Häftlinge nun Gehör verschaffen.
Eine Gruppe von rund 50 Anwälten, die den Großteil der insgesamt 166 Guantanamo-Häftlinge vertreten, hatte zuvor erklärt, die Mehrzahl der Insassen befinde sich im Hungerstreik. Angaben der Organisation Center for Constitutional Rights (CCR) zufolge, die mehrere der Guantanamo-Insassen vertritt, verloren einige Häftlinge bereits mehrere dutzend Kilogramm Gewicht. Den Behörden warf sie vor, das Ausmaß des Protestes zu verschleiern. Grund für die Nahrungsverweigerung ist den Vertretern zufolge die Durchsuchung persönlicher Dinge. Dabei sollen Wärter auch unangemessen mit Koran-Ausgaben umgegangen sein.
Militär fordert Sanierung
Aus Sicht des Militärs muss das Lager indes dringend saniert werden. Die Kosten dürften rund 170 Millionen Dollar (131 Millionen Euro) betragen, sagte der Kommandeur der US-Streitkräfte für Süd- und Mittelamerika, General John Kelly, am Mittwoch vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. Das Lebens- und Arbeitsumfeld des Aufsichtspersonals sei „ziemlich fragwürdig“. Zugleich betonte er, die zurzeit 166 Gefangenen lebten unter „humanen“ Bedingungen.
Präsident Barack Obama hatte zu Beginn seiner ersten Amtszeit versprochen, das umstrittene Lager zu schließen, in dem auf einem US-Marinestützpunkt seit elf Jahren Terrorverdächtige aus aller Welt festgehalten werden. Der Kongress hatte jedoch per Gesetz untersagt, Insassen in die USA zu bringen. Auch andere Staaten verweigerten die Aufnahme von Gefangenen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?