zwischen den rillen : Opulente Liebeserklärung an die verlorene Clubkultur
„Hier kommt Liebe“. Wer so etwas behauptet und mit „hier“ seine eigene Musik meint, will Großes. Der Kölner Elektronik-Produzent Aksel Schaufler alias Superpitcher nennt seine erste CD „Here comes love“ und hat noch weitere Überraschungen ähnlichen Gefühlsüberschwangs im Gepäck: „Love me forever“ und „I want happiness“ fordert er und lässt die als Viva-Moderatorin bekannte Charlotte Roche sehnsüchtig von Träumen singen, die „wie ferne Wolken“ sind. Dass Schauflers Portrait auf dem Rückcover der CD eine Fotografie des bekannten Foto-Künstlers Wolfgang Tillmans ist und er sich nicht ziert, Elvis Presleys „Fever“ zu covern, macht das Bild der großen Geste komplett.
Schon seine ersten beiden Maxis für das Kölner Plattenlabel Kompakt versprühten diesen Hang zur Opulenz mit deutlichen Referenzen zur Popgeschichte, und entsprechend hohe Hoffnungen hingen an der lange erwarteten, weil immer wieder verschobenen CD-Veröffentlichung – Hoffnungen, dass sie mehr als funktionale Clubmusik sei. Denn nach seinen letzten, deutlich cluborientierten Tracks auf dem Kompakt Sublabel Speicher konnte man nicht mehr so sicher sein, welche Tonart er nun anschlagen würde.
Jetzt ist es doch eindeutig ein Pop-Album mit Songs geworden, auch wenn einige der neun Stücke durchaus clubkompatibel sind. Doch die Beschwörung der großen Gefühle – textlich wie auch in den meist melancholischen Melodielinien – ist ja auch in der Clubkultur, und zwar vor allem in deren Anfängen im House der 80er Jahre, verwurzelt. Dort ging es vor allem um die universelle Liebe und das große „Wir“ der Partypeople, das sich meist aus einer schwarzen Subkultur zusammensetzte. Das kann man selbstverständlich nicht ohne Reibung ins Deutschland im Jahre 15 nach der zur Parodie geronnenen Love-Parade übertragen. Und so formuliert Schaufler ganz folgerichtig widersprüchlich: „We don‘t need people to be alone, we are together on our own“.
Der erste Eindruck bedingungsloser Liebe und Hoffnung wirkt so schnell wie das verunsicherte Wunschdenken eines „Sad Boys“, so ein Songtitel. Darüber können auf Dauer auch nicht die von Schaufler bedeutungsschwanger dahingehauchten Texte hinwegtäuschen. Die Minuten lang auf und abschwellenden Chöre am Ende der Platte – Pathos bis zum Abwinken – wirken dann auch mehr wie ängstliches Bangen. Oder auch wie ein wunderschön klingender Abgesang auf die naiven Kindertage der Clubkultur. Christian Meyer
Superpitcher: „Here comes love“, Kompakt (CD 32). LC 12012