piwik no script img

Archiv-Artikel

zwischen den rillen Episch-orchestraler Glanz

Meist vegetiert der Kölner Jazz in schlecht gelüfteten Proberäumen vor sich her. Die Musiker sind frustriert und beschweren sich, dass selbst WDR3 langsam aber sicher Abstand vom Jazz nimmt und ihn bald in die Kiste „Erledigt“ packt. Ab und zu darf er noch mal raus – der Jazz. Dann ruft er „Jazz lebt“. So hieß vor fünf Jahren eine Platte des Ensembles „Prinzip Vier“ aus Köln. Kennen Sie nicht? Schade. Denn das war lebendiger Jazz und irgendwie eine süße Kampfansage, weil die CD ein störrisch drein blickendes Kleinkind mit Schnuller zeigte.

Auf der neuen CD des Kölner Pianisten Lars Duppler (28) gibt‘s keine Kleinkinder mit Gummiwaffe. Es heißt einfach „Lars Duppler – palindrome 6tet“, keine sonderlich sexy Losung – allerdings ein selbstbewusstes Statement eines jungen Jazz-Pianisten, der im Vorjahr den Jazz-Förderpreis der Stadt Köln bekommen hat, vornehmlich für seine bundesweit viel beachtete Debut-CD „Palindrome“. Das Cover der neuen CD, für die aus dem Quartett ein Sextett wurde, ist dazu ziemlich grün und das heißt ja wohl Hoffnung. Und so ist das Unternehmen wohl auch zu verstehen. Etwas anders als das themenbetonte, melodie-schöne Debut kommen Dupplers neue sechs Kompositionen fast allesamt aus der Freejazz-Arena, die Nichtkenner oft als die Folterkammer des Jazz bezeichnen.

Nun, Duppler bleibt dennoch der Duppler, der sich nicht vergisst, sondern auch ungeübte Hörer mit cinematografischen Melodie-Landschaften ködert. Sein Talent ist es, dies auch mit den dissonanten Komplexstrukturen der Weill-Dessau-Eisler-Ära zu verknüpfen, was vielen Stücken einen episch-orchestralen Glanz gibt.

Musikalisch bleiben keine Wünsche unerfüllt. Denn mit Niels Klein, Frank Sackenheim, Dietmar Fuhr, Marcus Rieck und Stephan Meinberg hat sich Duppler großartige Musiker der jungen Jazz-Szene geholt, deren Kommunikation eine wuchtige Energie beschwört, die jeden noch so standhaften Henker umbläst. Trotz einiger rückwärtsgewandter Trallalla-Phasen ist Dupplers Jazz sexy, etwa im funky-swinglastigem „douglas 64 part I“. Das lässt auf tolle Konzerte für den Sommer hoffen – im Park, am Rhein, bei Bier und Sonne. Jazz lebt! Ingo Petz

Lars Duppler: „palindrome 6tet“ Label JazzHausMusik, JHM 131