zuwanderungsgesetz : Unions-Hardliner ausgebootet
Es sieht so aus, als hätten die Hardliner in der Union wie Günther Beckstein und seine Gesinnungsfreunde in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU verloren. Das Zuwanderungsgesetz, das sie von Anfang an verhindern wollten, wird wahrscheinlich kommen – und zwar ohne die drastischen Verschärfungen bei den so genannten Sicherheitsfragen, die sie zur Bedingung gemacht hatten. Hinter die „politische Einigung“, die Kanzler Gerhard Schröder bei seinem Gespräch mit CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber erzielte, gibt es aller Voraussicht nach kein Zurück mehr.
KOMMENTAR VON LUKAS WALLRAFF
Dass ein Kompromiss erreicht wurde, ist zunächst einmal ein Erfolg für Merkel, die sich gegen die Totalblockierer und Betonköpfe in ihrer Partei durchgesetzt hat. Wenn sie jetzt von Fortschritten spricht, die ein gemeinsames Gesetz mit Rot-Grün „aussichtsreich“ erscheinen lassen, erklärt sie zumindest die radikalsten Forderungen für null und nichtig, die von der Union auf Druck des rechten Flügels aufgestellt worden waren. Eine Zwangsausweisung für kleinkriminelle Ausländer schon ab einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr Haft etwa scheint seit gestern vom Tisch. Aus der Agenda verschwunden scheint auch, dass an den bereits beschlossenen Reformen wie dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht im Nachhinein etwas geändert wird. Vom Tisch ist vor allem die Möglichkeit für die Union, in den Wahlkämpfen dieses Jahres gegen die angebliche Überfremdungs- und Sicherheitsgefährdungspolitik der Regierung ins Feld zu ziehen.
Ob das alles ein Erfolg für Rot-Grün ist, wird sich erst zeigen, wenn die Details ausgehandelt werden. Wie schmerzlich das Ergebnis für die Grünen ist, kommt darauf an, ob sich Innenminister Otto Schily bei seinen Treffen mit Beckstein und Peter Müller von der CDU darauf einlässt, nachträgliche Verschärfungen einzubauen und die Grünen erneut zu übergehen. Misstrauen ist mehr als angebracht.
Schon jetzt gibt es Kröten, die Schröder den Grünen zugemutet hat: die Regelanfrage beim Verfassungsschutz zum Beispiel vor der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen. Eine solche Pflicht zur Überprüfung ist ein miserables Signal. Aber wenn es wirklich dabei bleibt, wäre es wohl unmöglich zu erklären, dass die Grünen deshalb die Reform verhindern, die der Kanzler dringend braucht. Und die zumindest eine Chance bietet, den „Ausländer-raus“-Populismus der Union zu beenden.