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Archiv-Artikel

zahl der woche Mehr Männer als Frauen nutzen in Deutschland das Internet. Schuld ist falsches Marketing, sagen Forscher

Internet vermännlicht sich

Von SIM

Die Onliner haben in Deutschland die absolute Mehrheit errungen. Erstmals nutzt mehr als die Hälfte (50,1 Prozent) der deutschsprachigen Bevölkerung über 14 Jahren privat oder beruflich das Internet. Weitere 7,2 Prozent planen, noch dieses Jahr online zu gehen. Das geht aus einer repräsentativen Emnid-Umfrage unter mehr als 30.000 Personen hervor.

Demnach sind heute hierzulande 20 Prozent mehr Menschen online als noch 2002 – in erster Linie allerdings Männer. Denn hatte sich die Schere zwischen weiblichen und männlichen Internet-NutzerInnen im letzten Jahr noch ein wenig geschlossen, registrierten die ForscherInnen jetzt genau den umgekehrten Trend. Während die Zahl der männlichen Onliner um 20,5 Prozent auf über 18 Millionen stieg, nahm die der Frauen nur um 19,6 Prozent auf gut 14 Millionen zu – 3,9 Millionen weniger als bei den Männern. Studienleiterin Nina Fluck machte dafür in erster Linie die Werbestrategien der Provider verantwortlich. So stelle Marktführer t-online bei seinem High-Speed-Internetzugang DSL vorwiegend technische Attribute in den Vordergrund, die vor allem Männer ansprächen. Frauen wollten demgegenüber eher wissen, „was man mit dem Internet anfangen kann“, sagte Cornelia Lins vom Projekt „Frauen ans Netz“. T-online-Sprecher Mark Nierwetberg bestätigte, das Marketing konzentriere sich auf Leistung und Qualität des Zugangs. Den Nutzen des Internets darzustellen, „ist nicht mehr so sehr das Thema“. Nahezu gleichauf liegen Männer und Frauen lediglich in der Altersgruppe der 14- bis 19-Jährigen. Vier von fünf sind hier online. Von Ausnahmen wie Studierenden und Familien mit Kindern abgesehen gilt nach wie vor: je geringer das Einkommen und je niedriger der Bildungsstand, desto seltener die Internet-Nutzung. Frauen sind davon besonders betroffen: Sie sind seltener berufstätig und verdienen im Schnitt weniger als Männer.

Weil andererseits die Fähigkeit, mit dem neuen Medium umzugehen, immer häufiger Voraussetzung sei, um einen Job zu finden, könne das Internet auch soziales Ungleichgewicht verschärfen, warnte Ulrich Sandl, im Wirtschaftsministerium für das Projekt „Internet für alle“ zuständig. Eine solche Entwicklung berge „ganz erheblichen sozialen Sprengstoff“.

Nahezu verschwunden ist das lange Zeit beklagte West-Ost-Gefälle bei der Internet-Nutzung. Alle fünf neuen Bundesländer verzeichneten hier im letzten Jahr überdurchschnittliche Zuwächse. Mecklenburg-Vorpommern bildet mit knapp 43 Prozent Onlinern trotzdem weiterhin das Schlusslicht. SIM