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Archiv-Artikel

zahl der woche Wenig Chancen für das Toscana-Feeling – beim Essen knausern die Deutschen

4.227

4.227 Euro gibt ein durchschnittlicher deutscher Haushalt in jedem Jahr für Lebensmittel aus, inklusive den Besuchen in Kneipe, Frittenbude und Restaurant. Mittlerweile wohl etwas mehr. Denn für die Studie, die das Öko-Institut jetzt vorgelegt hat, konnten nur Daten bis 2000 genutzt werden, also vor der Euro-Bargeldeinführung und neuen Preisen auf der Speisekarte.

Aber der Vergleich mit den Sechzigerjahren war möglich. Und dabei kam heraus: Die Deutschen werden immer knauseriger, wenn es ums Essen geht. Denn 1962/63 ließ sich ein Durchschnittshaushalt seine Ernährung ebenfalls bereits 4.161 Euro kosten. Das waren damals 29 Prozent seiner gesamten Konsumausgaben. 2000 machten Lebensmittel hingegen nur noch 16 Prozent der Ausgaben aus.

Entscheidend für diese Entwicklung dürfte vor allem die zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft sein, die Essen billiger machte. Der heftige Preiskampf im Einzelhandel dürfte ebenfalls das Portmonee der Verbraucher entlastet haben. Doch was zunächst positiv klingt, gibt Projektleiterin Ulrike Eberle zu denken: „Man könnte diese Entwicklung als immer geringere ökonomische Wertschätzung für Ernährung interpretieren.“

Zwar kann nicht immer direkt vom niedrigeren Preis auf geringere Qualität der Nahrung geschlossen werden. Aber klar ist, dass die Deutschen den entstandenen Spielraum im Budget offenbar gut mit anderen Dingen zu nutzen wissen. Deshalb dürfte es nach wie vor schwer sein, hochwertigere Nahrungsmittel mit einem entsprechend höheren Preis an den Mann und die Frau zu bringen.

Das würde aber zumindest den Krankenkassen und -versicherungen Geld sparen. Denn die Behandlung von ernährungsmittelbedingten Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Beschwerden, Diabetes oder Fettleibigkeit frisst mittlerweile 70 Prozent der Ausgaben im Gesundheitssystem. Und das Problem setzt sich fort, bereits jedes sechste Kind in Deutschland gilt als zu dick. Deshalb hat Verbraucherschutzministerin Renate Künast in dieser Woche auch die Frage gestellt, „ob der halbierte Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel in allen Fällen gerechtfertigt ist“. Steuererhöhung für Currywurst & Co? Das Finanzministerium wiegelte ab, Hans Eichel denke nicht daran. Das macht Sinn. Denn auch Eichel verpflegt sich gerne mal außerhalb der Ministeriumskantine. In der Pommesbude nebenan gibt es prima Grillhähnchen.STEPHAN KOSCH