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Archiv-Artikel

zahl der woche Rund um die Uhr fliegt die Hauptstadt

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Gestern ging wieder einmal ein Riesenplanungsverfahren zu Ende. Nach reichlichen Pannen und mehr als zehn Jahren nahm der neue Flughafen Berlin-Schönefeld vor den Toren der Hauptstadt die letzte Genehmigungshürde. Einst als größter Flughafen aller Zeiten gestartet, wird er mit den jetzt geplanten maximal 30 Millionen Reisenden pro Jahr immer noch größer als derzeit der Spitzenreiter im Lande, der Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt.

Mit dem Planfeststellungsbeschluss des Brandenburger Verkehrsministeriums ging ein wahres Zahlengewitter auf die geplagten künftigen Anwohner und andere Interessierte nieder. Aber vor allem zu schaffen macht eine Ziffer: der 24-Stunden-Betrieb. Denn die Flugzeuge werden rund um die Uhr niedergehen, so die Planer.

Die Anwohner werden in mehreren tausend Verfahren vor Gericht noch prüfen lassen, was wirklich gestattet ist. Dabei wird ihre Nachtruhe von dem in solchen Dingen üblichen Gehakel um technische Details abhängen: Bis zu welcher Lautstärke dürfen Flugzeuge überhaupt fliegen? Die Brandenburger Behörde gibt in den Unterlagen ein so genanntes Nachtschutzgebiet an, bei dem außerhalb der Häuser der Lärm im Schnitt maximal 50 Dezibel oder db(A) betragen darf. Das ist genau die Grenze, die das Umweltbundesamt für die kommende Novelle des Fluglärmgesetzes vorschlägt. In diesem Gebiet muss der Flughafenbetreiber Schallschutzfenster spendieren, samt Belüftungsanlage – damit die Menschen nachts nicht in ungelüfteten Zimmern schlafen müssen. Davon sind im Schönefelder Umfeld 42.000 Personen betroffen – falls nicht Klagen Erfolg haben.

Der Knackpunkt dabei: „Im Schnitt“ bedeutet, es können durchaus auch lautere „Lärmereignisse“ eintreten – sprich Starts oder Landungen von Flugzeugen. Im Fall von Schönefeld sind das laut Genehmigungsunterlagen 6 Ereignisse pro Nacht mit 70 db(A). Und 70 Dezibel ist viermal lauter als 50 Dezibel. In Schlafräumen geht das Umweltbundesamt von maximal 55 Dezibel aus – so weit müssten die „Ereignisse“ mit 70 Dezibel also heruntergedämpft werden. Allerdings werden auch bei 55 Dezibel die meisten aufwachen: Leise Radiomusik hat etwa 50 Dezibel, Büroarbeit oder ein Gespräch etwa 60. Die Nachtflüge sind übrigens keine Passagier-, sondern meist nur Frachtflieger. Den Anliegern kann das jedoch egal sein.

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