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Archiv-Artikel

zahl der woche Forscher warnen vor gefährlichen Monsterwellen

Schäumende Wellenfronten

Sie tragen Namen wie schlechte Filme: „Kaventsmann“, „Weisse Wand“ oder „Drei Schwestern“: Monsterwellen. Bis zu 40 Meter hohe Ungetüme, mal steil und schäumend, mal im Trio, die auf See wie aus dem Nichts auftauchen und riesige Frachtschiffe oder Ölplattformen mit Mann und Maus verschlingen. So wie den deutschen Frachter „München“, der im Dezember 1978 mit 28 Mann Besatzung nördlich der Azoren in der Tiefe des Ozeans verschwand.

Statistisch sollten Monsterwellen an einem gegebenen Ort auf den Weltmeeren nur einmal in 100 Jahren vorkommen, haben Mathematiker ausgerechnet. Dagegen spricht aber die Statistik von Schiffsversicherern. Jährlich etwa 10 Ozeanfrachter versanken in den letzten zwei Jahrzehnten infolge einer Monsterwellen-Attacke, Dutzende weitere werden jedes Jahr schwer beschädigt.

Um der zunehmenden Bedrohung zu begegnen, haben sich in den letzten Jahren Wissenschaftler der Problematik angenommen. Am Geesthachter GKSS-Forschungsinstitut wurde das Projekt „MaxWave“ gegründet. In einem künstlichen Wasserbecken simulierten die Forscher, wie Monsterwellen entstehen. Das Ergebnis: Wenn in Form und Geschwindigkeit verschiedenartige Wellen aufeinander treffen, ist die dabei entstehende Welle deutlich höher, als die Addition der ursprünglichen Einzelwellen ergibt. Kein Wunder, dass bei einem Versuch eine Monsterwelle das Dach der Anlage zerstörte und den Forschern die Decke auf die Köpfe fiel. Wissenschaftler wie der „MaxWave“-Mitbegründer Wolfgang Rosenthal gehen davon aus, dass 40 Meter hohe Wellen viel öfter vorkommen als angenommen. Das belegen auch Satellitenbilder. So dokumentierten Radaraufnahmen vom Südpolarmeer, dem weltweit stürmischsten Seegebiet, die Existenz von bis zu 30 Meter hohen Wellen. Auch sichteten die Forscher eine „Weiße Wand“, eine fast senkrechte, schäumende, mehrere Kilometer lange Wellenfront.

In dieser Woche trafen sich nun die Forscher in Genf und berieten über die Konsequenzen aus ihrer Forschung. Ihre dringlichste Empfehlung: Die Konstruktionsnormen für Schiffe und Ölplattformen sollten geändert werden. Ozeanfrachter etwa sind für maximale Wellenhöhen von 15 Metern und für Belastungen von 15 Tonnen pro Quadratmeter konstruiert. Eine leichte Beute für Monsterwellen: Sie knicken und zerschmettern selbst Riesenschiffe wie Strohhalme.

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