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Archiv-Artikel

zahl der woche Konsumfreudige Chinesen

64 Millionen

Der „American way of life“ steht für wirtschaftlichen Wohlstand, ungezügelte Konsumfreude, Ressourcenverschwendung und Raubbau an der Natur. Um diesen Lebensstil auf Kosten anderer Völker und Generationen aufrechtzuerhalten, werden Kriege ums Öl geführt und dem Kioto-Protokoll die Unterschrift verweigert. Doch der „American way of life“ bekommt jetzt Konkurrenz aus dem Fernen Osten. So verweist Chinas wirtschaftlicher Aufstieg die USA beim Konsum von immer mehr Rohstoffen sowie Produkten der westlichen Zivilisation auf den zweiten Rang.

Beim Konsum von Fleisch, Getreide, Kohle und Stahl hat China die USA bereits überholt. Darauf wies in dieser Woche Lester Brown vom Washingtoner Earth Policy Institute hin. So konsumierten China 2004 64 Millionen Tonnen Fleisch, die USA dagegen 38 Millionen. Die USA werden mit Rindfleisch in Form von Hamburgern und Steaks assoziiert, doch die US-Bürger verbrauchten etwa gleich viel Hühner, Schweine und Rinder. In China, wo die Hälfte aller Schweine weltweit lebt, dominiert dagegen Schweinefleisch.

Der Unterschied ist natürlich, dass in der Volksrepublik 1,3 Milliarden Menschen leben, in den USA dagegen 297 Millionen. So konsumierte 2004 ein Durchschnittschinese (Jahreseinkommen 5.300 Dollar) 49 Kilo Fleisch, ein Amerikaner (Einkommen 38.000 Dollar) dagegen 127 Kilo. Es dauert also noch, bis der chinesische Lebensstil (zhongguoren de shenghuo fangshi) den „American way of life“ beim individuellen Verbrauch einholt.

China führt bereits heute beim Konsum einiger moderner Produkte wie Fernseher (2000: 374 Millionen zu 243 Millionen in den USA) oder Handys (2003: 269 Millionen zu 159 Millionen). Nur beim Ölverbrauch liegen die USA (2004: 20,4 Millionen Barrel) noch weit vor China (6,5 Millionen). Doch seit 1994 verdoppelte sich Chinas Verbrauch.

Was folgt aus den Zahlen? Chinas wachsende Nachfrage nach Rohstoffen wird seine Außen- und Sicherheitspolitik in wachsendem Maß formen, meint Lester Brown. „China ist nicht länger nur ein Entwicklungsland. Es ist eine aufsteigende wirtschaftliche Supermacht, eine die wirtschaftliche Geschichte schreibt.“

Man muss vielleicht nicht gleich wie Brown das 21. Jahrhundert zum chinesischen erklären. Aber die Frage, ob etwa das Kioto-Protokoll, das China als Entwicklungsland einstuft und damit von der Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasen befreit, noch zeitgemäß ist, ist berechtigt. SVEN HANSEN