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Archiv-Artikel

ypsilanti, walter etc. Die hessische Bembelpartei

In einem Interview sagte Heiner Geißler, ehemals Generalsekretär der Kohl-CDU, am Wochenende: „Es hat keinen Sinn, eine Partei, die demokratisch gewählt ist, zu dämonisieren – selbst wenn noch ein paar Altkommunisten Mitglieder sind.“ Er meinte die Partei Die Linke und sprach die schwierige Konstellation bei der Regierungsbildung in Hessen an. Die SPD solle, so Geißler, besser „ihre Vergangenheit aufarbeiten, die Linke ist Blut von ihrem Blut“ und sich „mittelfristig wieder mit der Linken vereinigen“.

Nun, seit diesen Montag weiß man, es dürfte „mittelfristig“ nicht viel werden, solange die regionalen Sektionen der SPD von Andrea Ypsilantis geführt werden. Erst sagte sie im Wahlkampf, sie wolle auf keinen Fall mithilfe der Linken regieren. Als sie dann umschwenkte, hatte sie fortan das „Gewissen“ einzelner SPD-Abgeordneter am Hals. Und das befahl Gewissensgrößen wie Dagmar Metzger, dass die Hessen-SPD tatsächlich wie behauptet nun nicht mit der Partei Die Linke zusammenarbeiten dürfe. Mit solch Prinzipial-Sozialdemokraten lässt sich schwer diskutieren, noch weniger regieren.

Das und ihren Wortbruch hätte man der „Erneuerin“ Ypsilanti aber vielleicht noch verziehen. Doch wie sie es jetzt geschafft hat, den zweiten Vorsitzenden der Hessen-SPD, Jürgen Walter, zu vergraulen und auf Risiko zu spielen, das kann man schwer begreifen. Weiß Ypsilanti nicht, dass erfolgreiche Politik aus einer guten Portion Pragmatismus besteht, oder spinnt der Walter einfach?

Schon bald wird die Antwort nach dem Gemütszustand der beiden Ex-Hessen-SPD-Chefs nicht mehr interessieren. Auch nicht, was zu Austritt und Rücktrittserklärungen noch so alles nachgereicht wird. Die beiden haben in Hessen geschafft, wofür keine „Finanzkrise“ notwendig ist. Bevor sie in die Verantwortung kamen, haben sie sich wie kleine Kinder zerstritten. Auf die Abspaltung der „Linken“ um Oskar Lafontaine folgt nun im Kleinen bei der hessischen Sozialdemokratie die Abspaltung der „Rechten“ um Walter. „Blut vom Blute der SPD“, wie Geißler, der Christdemokrat, das nennt.

Ministerpräsident Roland Koch hat keine Mehrheit mehr, aber die Hessen-SPD hält ihn im Amt. Bravo! Aber noch schlimmer ist das Signal für die kommenden Bundestagswahlen. Wie viel Parteivorsitzende wird die SPD noch benötigen, um ihren Oskar-Komplex zu therapieren? SPD-Politiker wie Ypsilanti, Walter und Metzger würden niemals so absolut agieren, hätte die Bundes-SPD ihren einstigen Vorsitzenden Lafontaine nicht so ausdauernd dämonisiert. Damit nicht jeder Flughafenausbau zu einer Frage auf Leben und Tod wird, muss die Gesamt-SPD nun schleunigst entideologisieren. Ypsilantis Kurs in Hessen schlingerte kaum anders als der der SPD im Bund. ANDREAS FANIZADEH