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wortwechselFestung Deutschland! Ja, wir verbauen die Zukunft!

Aufrüstung muss sein? Das heißt Friedensforschung? Am Gängelband der Sachzwänge stolpert Europa nun wohl in eine schwer bewaffnete Zukunft für die es gar kein Geld hat

Militärfahrzeuge auf einer Autobahn bei Frankenberg. Hier ist es noch eine Übung für die Nato (April 2024) Foto: Laetitia Vancon/NYT/Redux/laif

„Friedensforscherin: „Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“. An höheren Militärausgaben führe kein Weg vorbei, sagt die Friedensforscherin Nicole Deitelhoff. Die Weltlage erfordere Einsparungen beim Klimaschutz“, wochentaz vom 22. 2. 25

Wer soll uns verteidigen?

Typisch europäisch. Wir werfen viel Geld in ein System, was bisher durch Ineffizienz und Inkompetenz glänzte und hoffen, dass dat denn alles besser wird. Phil Sze

Tatsächlich haben wir das Problem, dass unsere liberale Art zu leben und zu wirtschaften, mit der Idee einer nationalen oder europäischen Kriegstüchtigkeit kaum zu vereinbaren ist. Den Nationalliberalismus durch die Hintertür einer Wehrhaftmachung von Wirtschaft und Gesellschaft zu stärken, macht aus dem „Nie wieder!“ ein sehnsuchtsvolles „Wann endlich wieder?“

DemokratischeZelleEins auf taz.de

Selten ein so sachlich nüchternes, sich strikt an der Realität orientierendes, ohne ideologische Scheuklappen auskommendes Interview in dieser Zeitung gelesen. Frau Deitelhoff stellt die richtigen Fragen, so jemand bräuchten wir in politischer Verantwortung. Farang auf taz.de

Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist also geboten. Eine entsprechende Bürokratie, Logistik und Kasernen müssen aufgebaut werden, Fachleute an den kommenden Waffensystemen ausgebildet werden. Flankiert man/frau das mit einem Zivildienst und Klimadienst, können wir in einem Schritt auch die Probleme in der Pflege und der Umwelt angehen. Als Jemand, in dessen Generation das noch normal war, kann ich nur sagen, es war Teil des Erwachsenwerdens und keine verschenkte Zeit. Wir werden unsere Demokratie nicht allein mit Worten verteidigen können. Derzeit wird sie von mehreren Seiten angegriffen. Phillippo1000

11. Gebot: Aufrüsten!

Zitat: „Erstens müssen wir stärker in Rüstung investieren.“ Diese Aussage ist ökonomisch Quatsch, denn Rüstung ist nicht Investition, sondern unproduktiver Staatskonsum, und die daraus erzielten Einnahmen werden zum überwiegenden Teil auch nicht in den Wirtschaftskreislauf zurück gespeist. Geld für das Gesundheitssystem und die Pflege ist dagegen eine echte, wenn auch indirekte Investition, denn dadurch können Leute mehr oder länger arbeiten, die es sonst nicht könnten. Und es gäbe ein besseres Leben für viele. Die Rüstungsindustrie kann dagegen nur ein besseres Töten für viele anbieten. Kohlrabi

Im Kalten Krieg gehörten zum Maß der Zeit Diplomatie ein System gegenseitiger atomarer und konventioneller Abschreckung durch Berechenbarkeit, implementiert in Verhandlungsmarathons einer multinational eingebundenen UNO, mit gegensätzlichen Standpunkten in gelöster Atmosphäre auf vielen Ebenen, begleitet von Beraterstäben, um sich dann auf dem nächsten Gipfel zu verständigen. Man definierte Interessenzonen, sprach vom Wettbewerb der Systeme. Erst in Ronald Reagans Ära (1980–1988) gewannen spieltheoretische Strategien Gewicht, ein „Alles oder nichts“ des gegenseitigen „Totrüstens“. Unberechenbarkeit war und ist die neue Währung der Zeit. Um Wettbewerb wieder aufzurufen, braucht es eine Klimatransformation der Weltwirtschaft. Teil militärisch-sozialer Verteidigung: Flamme fossil befeuerter Kriege ausblasen. Joachim Petrick

Professor Deitelhoff scheint die Dringlichkeit und das Ausmaß der Klimakrise zu unterschätzen, auch bezüglich der Nahrungsmittelsicherheit. Da sich nach Überschreitung der tipping points ein sich selbst verstärkender und deshalb nicht mehr kontrollierbarer Temperaturanstieg ergibt, kann jede Verzögerung zu unvorhersehbaren Folgen führen. Das ist Physik, anders als Krieg und Frieden kann man darüber nicht verhandeln. Und man kann nicht davor fliehen. Stefan Baeumi

„Nein! Ich bin empört!“

Ich bin einigermaßen empört über dieses interview – und sehr erstaunt, dass Frau Deitelhoff als Friedensforscherin gilt, denn sie zeigt keinen Ansatz für eine friedliche Lösung und gibt dem Militärischen die Priorität: „Das wird dazu führen, dass Bildung und Klimaschutz zumindest verschoben werden muss.“ Als wäre das alternativlos! Jetzt hängt man drin im Schlamassel, den „der Westen“ auch mitgestaltet hat und „muss“ dann die Militärausgaben erhöhen? In der taz-Berichterstattung sehe ich hier nur sehr punktuell kritische Stimmen, da seid ihr ganz schön im Mainstream mitgeschwommen in den letzten Jahren. Was ist denn eine „kritische“ Zeitung? Ist das nicht eine, die aus der von der allgemeinen Strömung vorgegebenen Richtung auch mal ausschert und alternative Sichtweisen präsentiert? Monika Dern, Grünberg

Für eine Ökotechnologie

Ich bin froh, dass es mit der taz noch eine linke Stimme in unserer Zeitungslandschaft gibt. Heute aber, konnte ich kaum glauben, dass ihr dieses Interview mit Nicole Deitelhoff abgedruckt habt. Wenn Frau Deitelhoff mehr Rüstung will, sollte sie gefälligst nicht Aufschub von Ausgaben für Klimaschutz und Bildung fordern, sondern Schröpfen der Superreichen – Kriegsanleihen hatten wir schon einmal und haben uns nicht träumen lassen, dass sie noch einmal eine Rolle spielen könnten. Kriege werden heute auch nicht mehr mit Panzern und Raketen, sondern mit Drohnen und Computern (KI) gewonnen. Die geforderte europäische Vereinheitlichung der Waffensysteme ist sicher sinnvoll, birgt aber die Gefahr eines Wettrennens der EU-Länder um die lukrativsten Aufträge für die jeweils eigene Industrie. Mehr Rüstungsproduktion heute hätte außerdem erst Jahre später Auswirkungen, längst zu spät für die Ukraine.

Öko-Technologie könnte als neuer Exportschlager das Verbrenner-Auto ablösen. Ein Jammer, dass ausgerechnet die Grünen all das nicht vehement vertreten und lauthals zum Wahlkampfthema gemacht haben. Petra Laloire, Mannheim

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