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wortwechselSicherheitsverwahrung – am besten für alle! Nein?

Was darf der Klimaprotest? Welche Folgen hat die (bayerische) Präventivhaft für die Letzte Generation? Was darf die FDP? Was darf Böhmermanns FDP/RAF Satire? Wozu das alles?

„Innenminister knöpfen sich Klimaprotest vor“, taz vom 29. 11. 22

Sicherheitsverwahrung

In Bayern werden potentielle Klimaaktivisten schon jetzt präventiv eingesperrt, aufgrund eines eigens dafür erlassenen Gesetzes. Dabei ist das Gesetz gar nicht schlecht – wenn es sich denn gegen die richtige Zielgruppe wendete. Mir fallen auf Anhieb eine Menge Leute aus Politik, Wirtschaft und Sport ein, die mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ weiter Schaden anrichten, um Gier oder Ehrgeiz zu befriedigen: die Maskenaffäre, die Cum-Ex-Verbrechen, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete (ich meine nicht die Ukraine!), Korruption … Angenommen, die letzten Verkehrsminister wären prophylaktisch in den Knast gegangen anstatt in die Regierung? Wie viel Schaden wäre vermieden worden? Leider machen aber gerade die Leute, die es eigentlich treffen müsste, Gesetze gegen junge Menschen, die nichts verbrechen, sondern sich nur wahnsinnige Sorgen um ihre Zukunft machen, die von uns Älteren gründlich vernichtet wurde.

Ellen Al Saadawe, Riegelsberg

Gefährlicher Unsinn

Auf die Klebeaktionen der Letzten Generation haben viele PolitikerInnen mit scharfer Kritik reagiert: „blanker Vandalismus“, „kriminelle Straftäter“, „immer skrupelloser“, „demokratieverachtend“, „gefährlicher Unsinn“. Es ergehen Rufe nach „hartem Durchgreifen“, „Wegsperren“ und „schärferen Gesetzen“. Die PolitikerInnen fühlen sich von den Aktivisten bloßgestellt und reagieren entsprechend gereizt. Sie ahnen, dass sie selbst die Straf- und Übeltäter sind, die das 1,5-Grad-Ziel blockieren und umweltpolitisch einen „gefährlichen Unsinn“ fabrizieren.

Die verdrängte Schuld am Klimakollaps verwandelt sich unter dem Eindruck der Protestaktionen in Abwehraggression. Durch üble Nachrede wollen sie die Gesellschaft gegen Klimaaktivisten aufbringen, mit Repressionen den Protest einschüchtern. Auf der Innenministerkonferenz diskutieren die Herrschaften in Amt und Unwürden über verschärfte Polizei- und Strafgesetze. Die Gesetzgeber wollen also ihre eigene fortgesetzte Klimaschutzblockade, ihre eigene Klimaschutzunfähigkeit in die Gesetzesverschärfung mit einplanen! Wenn sie schon den Klimakollaps nicht hinreichend bekämpfen, dann wenigstens den zu erwartenden Protest der jüngsten oder auch letzten Generation. Was für eine Fehlleistung der „vorletzten Politikergeneration“!

Rudolf Müller, Münster

„Nicht kapitulieren!“

„Straßenblockaden seien nicht hinnehmbar“, erklärt Bayerns Innenminister Herrmann (CSU). Berlin werde „sämtliche rechtsstaatlichen Mittel ausschöpfen“, pflichtet Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bei. Und beide meinen leider nur: Der Autoverkehr muss ungehindert und ohne Limit fließen. Aber die fortgesetzte Blockade von Fuß- und Radwegen ist ebenso nicht hinzunehmen. Deshalb: Präventivhaft für Falschparker! Vor Verleihspielzeugen, Lieferdiensten und Brötchenholern darf der Rechtsstaat nicht kapitulieren! Christoph Dürschlag, Berlin

Geht es um Sicherheit?

„LKA ermittelt wegen BER-Aktion“,

taz vom 29. 11. 22

Ein paar harmlose Aktivisten der Last Generation können problemlos auf das Rollfeld des Flughafen BER gelangen und sich in aller Ruhe dort umtun. Und jetzt ermittelt das LKA Berlin gegen diese jungen Menschen? Verrückte Welt! Das LKA müsste diesen Aktivisten dankbar sein, eine offensichtliche Sicherheitslücke aufgedeckt zu haben. Man möge sich vorstellen, was alles hätte passieren können, wenn Terroristen diese Lücke ausgenutzt hätten! Stefan Bluemer, Essen

Absurd …

„Böhmermanns RAF-FDP-Vergleich: Billig, erwartbar, geschmacklos. Satire darf alles, aber Böhmermanns Magazin bleibt trotzdem schlechte Satire“,

wochentaz 26. 11.–2. 12. 22

Ich verstehe die Kritik des Kommentars nicht, denn es ist ja nicht so, dass Böhmermann und seine Redaktion quasi „aus dem Nichts“ die FDP mit der RAF verglichen hätten. Vielmehr war es doch so, dass gewisse journalistische und politische Kreise diesen Vergleich gezogen haben, weil sie durch die in einem Interview von Tadzio Müller (Ende Gelände) geäußerte Sorge vor einer „Klima-RAF“ auf diesen Trichter gebracht wurden. Natürlich haben diese Kreise dies als Steilvorlage aufgegriffen. Das ist genauso absurd wie der Böhmermann’sche RAF-Vergleich mit der FDP, aber darum geht es doch – in satirischer Weise darauf hinzuweisen. Mich wundert eher, dass dieser Kommentar nicht die Vergleiche der RAF mit der LG kritisiert, denn diese sind zuvorderst absurd. White_Chocobo auf taz.de

Böhmermann und Mettbrötchen schlecht machen. Das ist wohl ein lupenreiner Köln-Berlin-Kulturclash. Finduss auf taz.de

@Finduss Herr Reichelt, sind Sie das?

Anne Pipenbrinck auf taz.de

„Billig, erwartbar, geschmacklos“? Es ist die Replik eines Satirikers auf die Hetze gegen die Aktivisten der Letzten Generation als „Klima-RAF“ und auf die zunehmende Verunglimpfung unangenehmer Kritiker durch (Spitzen-)Politiker.

Spinus auf taz.de

Niemand sagt, dass es sich bei der Letzten Generation um eine Klima-RAF handelt. Aber man sieht die Gefahr der Radikalisierung. Nicht von der kompletten Bewegung, sondern von einzelnen Mitgliedern. Die Gefahr einer gefährlichen Radikalisierung von Mitgliedern besteht bei jeder Bewegung. Nur ansprechen darf man diese Gefahr bei der Letzten Generation nicht? Müller Christian auf taz.de

Selbstverständlich sind weder FDP noch Letzte Generation oder gar die Merz-CDU eine neue RAF. Aber, frei nach Helmut Schmidt: Wer grobe Klötze setzt, muss auch grobe Keile aushalten.

Hartmut Krollmann, Düsseldorf

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