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wortwechselZwischen Briefen und Wladimir Putin

Le­se­r:in­nen schätzen, dass durch offene Briefe eine Debatte um deutsche Waffen­lieferungen entsteht. Was wäre die Verhandlungsmasse in einem Deal mit Russland?

Ukrainerin vor Trümmern ihres Hauses in Irpin, nahe Kyiv Foto: Emilio Morenatti/ap

Kriegsgeschrei

„Gegen das enge Denken“,

taz vom 21. 4. 22

Es tut gut, in diesen Zeiten voller Kriegsgeschrei etwas zu lesen, das sich nachdenklich und differenziert mit der jetzigen Situation auseinandersetzt. Ich bin geradezu entsetzt über das, was sich gerade in unserer Gesellschaft, in Medien und Politik vollzieht. Der Ruf nach immer mehr Waffen, die unkritische Berichterstattung,kein Versuch, sich aus dieser Spirale tödlicher Gewalt zu befreien.Im Gegenteil, Frau Baerbock und Herr Habeck gefallen sich geradezu in einer emotional kriegerischen Ausdrucksweise. Um aus Ihrem Kommentar zu zi­tie­re­n: Es fehlt gegenwärtig so sehr an Menschen,die sich öffentlich mit Kenntnis und Augenmaß äußern und sich dabei der Souveränität zivilen Denkens sicher sind. Stefanie Nelke-Krausbauer, Berlin

Gegenstimme

„Die Gewaltlogik unterbrechen“,

taz vom 3. 5. 22

Zunächst Dank an die Offenen-Brief-Schreiber für eine vernehmbare Gegenstimme gegen den naiven Glauben des Westens, die Ukrainer könnten mit schweren Waffen Putin zum Einlenken bringen. Einziges Argument für diese Strategie ist die Tatsache, dass auch die Ukrainer das so wollen. Leider ist niemand da, der diesen verzweifelt um ihr Land kämpfenden Menschen klarmacht, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen können. Putin wird nie vor westlichen Waffen kapitulieren oder sich auf Verhandlungen einlassen. Wie für alle Großmachtstreber vor ihm, gilt auch für ihn: Sieg oder Tod. Ihm den Tod bringen kann aber nur die Nato, und das bedeutete Atomkrieg. Aber auch der von Welzer prognostizierte Zermürbungskrieg mit beiderseits steigendem Einsatz schwerer Waffen, hohen Opferzahlen und ungewissem Ausgang muss verhindert werden. Peter Bläsing, Bonn

Aus der Deckung

„Die Gewaltlogik unterbrechen“,

taz vom 3. 5. 22

Endlich wagen sich auch die guten Köpfe der deutschen intelligenzija aus der Deckung, wenn es um Pro oder Contra von Waffenlieferungen geht. Wenn sie schon nicht zu den säbelrasselnden Talkshows eingeladen werden. Endlich darf sich einer der ihren sogar in der taz gegen diesen ganzen Waffenhype artikulieren. Das tut gut. Das ist beinahe sensationell im schütteren Medienwald. ENDLICH. Harald Welzer hat in allem Recht, was er denkt und sagt. Ute Smeteck, Berlin

Debatte

„Alle Chancen aktivieren, um irgendwie eine Situation der Kommunikations­fähigkeit herzustellen“, taz vom 3. 5. 22

Das Interview zum offenen Brief stärkt und entfacht eine dringend gesellschaftliche Debatte! Ich gebe es zu, ich war auch sehr irritiert von dem offenen Brief der 28 Intellektuellen. Aber, wie viele, eher von den Sekundärinformationen getrieben. Auch wenn ich die Position nicht teile, es ist das Verdienst von taz und Harald Welzer, dass sie mit dem Interview die Auseinandersetzung darüber unterstützen!

Timm Lehmann, Berlin

Hilflosigkeit

„Die Gewaltlogik unterbrechen“,

taz vom 3. 5. 22

Aus dem Interview mit Harald Welzer spricht die Hilflosigkeit einer Friedensbewegung, die sich 50 Jahre lang, seit dem Buch „Evolution der Kooperation“ von Axelrod auf die theoretische Basis stützen konnte, dass Kooperation langfristig evolutionär siegt. Aber diese Basis ist eingestürzt! Mit Erpressern (Extortionern) sind Verhandlungen sinnlos! Dafür gibt es seit 2012 (spiel)theoretische Beweise, nachzulesen hier in der taz, vom 25. Februar 2022, Seite 18.

Volker Müller-Benedict, Göttingen

Vernünftige Argumente

„Mit Putin reden“, taz vom 5. 5. 22

Endlich einmal eine realistische Ab­schätzung der Situation. Herr Dr. Bausch sollte mehr Gehör finden, nicht nur in der SPD. Ich kann seinen Argumenten nur zustimmen, auch seinen Befürchtungen. Es ist allerdings zu fragen, was der Westen als Verhandlungsmasse in Verhandlungen einzubringen hat. Verschießt man sein Pulver mit einseitigen wirtschaftlichen Sanktionen, ohne Gegenleistungen von den Russen zu fordern, schwächt man die eigene Position. Was weg ist, ist weg, wenn Russland neue Abnehmer für seine Rohstoffe gefunden hat – worüber will man dann verhandeln? Über Atomkriegs­drohungen, drohst du mir, drohe ich dir? Das hatten wir doch schon alles und haben gelernt, dass es nichts bringt. Auch das sollten die moralbewegten Politiker und Medien bedenken.

Fazit: Es gibt sie noch, die vernünftigen Argumente und Politiker.

Claus-Dieter Dudel, Rüsselsheim

Verhandeln

„Mit Putin reden“, taz vom 5. 5. 22

Allmählich bricht die starre Front der Befürworter von Waffenlieferungen an die Ukraine auf. Gott sei Dank. Ulrich Bausch legt geradlinig umfassend und kenntnisreich die Fakten zur Situation messerscharf dar. Dies führt eindeutig zur Notwendigkeit von Verhandlungen und auch zu Zugeständnissen, um den Frieden der Ukraine mit Russland zu erreichen. Ich bin erleichtert, dass hier mutig und im Wissen, dass der Mainstream zum großen Teil erst mal schäumen wird, kluge Selbstdenker ihre weiterführenden Sichtweisen geäußert haben!

Ursula Huber, Augsburg

Gespräche unerwünscht

„Mit Putin reden“, taz vom 5. 5. 22

Mit Interesse und noch mehr mit Kopfschütteln habe ich diesen Artikel gelesen. In vielem hat der Autor Recht, was er da schreibt. EU und Nato waren in früheren Konflikten gegenüber Putin viel zu gleichgültig; und immer noch gegenüber China. Das fing nicht nur in Tschetschenien an, sondern ging bereits 2005/2006 in der Ukraine, als Putin mit Gaslieferungen politischen Druck ausübte, als seine ­Marionettenregierung abgesetzt wurde, weiter, setzte sich in Georgien und Moldawien bis hin zu Syrien und der Annexion der Krim fort und findet jetzt erneut in der Ukrai­ne seinen Höhepunkt. Nicht nur dieser Überfall zeigt die Haltung Putins, sondern auch die Bedrohung Finnlands und Schwedens,sollten sich diese zu einem Nato-Beitritt entschließen, macht dessen imperiale Denkweise deutlich.

Klar ist, dass es weiter diplomatische Bemühungen geben muss. Doch stellt sich die Frage, wie soll es zu einer Diplomatie kommen, wenn es ersichtlich ist, dass ­einer der Gesprächspartner eine diplomatische Lösung gar nicht will.

Albert Wagner, Bochum

Abstrafen

„Was tun, wenn ’s brennt?“,

taz vom 1. 5. 22

Wir brauchen in der Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine einen Schnitt. Wir sollten uns endlich darauf besinnen, dass die vordringliche Notwendigkeit der Politik darin besteht, diesen Krieg und das Leiden der Menschen zu beenden. Stattdessen wird in den Medien der Wunsch geschürt, Herrn Putin für seine Schandtaten zu bestrafen.

Ist es wirklich gerechtfertigt, das ­Leben von tausenden von Menschen zu opfern, nur um einen Kriegsverbrecher zur Strecke zu bringen? Diese Frage stellt sich umso mehr, wenn man bedenkt, dass es bei allem Kriegsaufwand, allem Zerstören von Infrastruktur in der Ukraine, allem Hass-Säen zwischen Westeuropäern und Russen und allem Töten von Menschen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht gelingen wird, Putin zur Strecke zu bringen.

Die Erfahrung zeigt, dass auch nach Kriegen in der Vergangenheit die Kriegsverursacher nicht zur Verantwortung gezogen wurden. So wird auch alles Streben, es „Putin heimzuzahlen“, nur noch mehr Leid verursachen. Arnold Weible, Stuttgart

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