wortwechsel: Rassismus im Fußball – Alltag oder Ausnahme?
„Ein Schalke-Hasser macht sich Luft: Lizenzentzug für einen Klub mit solch fürchterlichen Traditionen!“, schrieb unser Irland Korrespondent. Viele Leser protestieren: Foul an Schalke!
„Kein Platz für Schalke 04: Schlimmer als alle anderen. Ein Schalke-Hasser macht sich Luft: Selbst die Zweite Liga hat S04 nicht verdient. Lizenzentzug für einen Klub mit solch fürchterlichen Traditionen!“, taz vom 5. 3. 21
Blutgrätschenhaft
Ja, Schalke ist ein ehemaliger Arbeiterklub, auch heute noch Aushängeschild einer der ärmsten Städte Deutschlands, mit 150 000 Mitgliedern und einer millionenfachen Sympathisantenschar, gleichermaßen verblendet wie verzweifelt bemüht, im oberen Feld der internationalen Glamourwelt des Fußballkapitalismus den Anschluss zu halten und seinen Mythos als Spitzenklub zu bewahren. Ja, der Verein gibt Anlass zum Spott, wenn er so viele Fehler macht und so böse abstürzt. Aber selbst in einer Glosse sollte sich ein bekennender Schalke-Hasser überlegen, ob es fair oder auch nur legitim ist, in unserer immer noch (oder sogar verstärkt) rassistische Strömungen aufweisenden Gesellschaft einen Verein und seine Anhängerschaft gewissermaßen mit dem Vorwurf, schon immer größtenteils rassistisch-nazistisch zu sein, blutgrätschenhaft in den Orkus zu wünschen. Vielleicht nicht bekannt: Schalke hat als einer der ersten Vereine Rassismus zu ächten versucht („Schalker gegen Rassismus“). Stehen andere Traditionsklubs wirklich besser da? Oder machen mich meine eigenen Scheuklappen blind? Ich halte nichts von Relativierung, allerdings genauso wenig von Pauschalisierung. Helmut Niemeier, Gelsenkirchen
Auf „heile Welt“ machen?
Ich bin beileibe kein Schalke-Fan, aber wenn der Autor hier einen auf „heile Welt“ macht, wo bleibt sein Plädoyer gegen den FC Bayern, der sich freimütig von einem menschenverachtenden Regime wie Katar sponsern lässt? Marcus Schultz, Burgebach
Geduldete Nazis
Zur Wahrheit gehört auch, dass die Fanszene des BVB jahrelang ein Problem mit Nazis hatte, welche zumindest „geduldet“ wurden. Pantomime auf taz.de @Pantomime Das Problem bei S04, BVB und anderen sind die stummen Mitläufer in der Fankurve, die den Rassisten keinen Einhalt gebieten. Dieser ignorante, gleichgültige und bratwurstselige Fanmob ermutigt erst diese Rassisten.
K2BBQ auf taz.de
@K2BBQ Moukoko wurde in der Tat von einigen der cirka 300 (!) anwesenden Zuschauer beleidigt. Das hat aber weniger mit seiner Hautfarbe zu tun, als vielmehr mit seinen überragenden Fähigkeiten, mit denen er die Schalker U19 praktisch im Alleingang besiegt hat. Diese Kommentare hätte es mit Sicherheit auch gegeben, wenn der Spieler nicht Moukoko sondern Müller, Meier oder Schmidt heißen würde. Torunarigha wurde offenbar von einigen Idioten rassistisch beleidigt. Da ich bei diesem Spiel selbst anwesend war, kann ich nur sagen, dass man davon im Stadion absolut nichts mitbekommen hat. Die betreffenden Leute müssen in unmittelbarer Nähe des Spielfeldes gesessen haben. Sie stellen es in Ihrem Kommentar aber so dar, als wenn in beiden Spielen das halbe Stadion die Spieler beleidigt hätte. Karlmeier75 auf taz.de
Fußball ist der Maßstab
Was ich mir in der taz eigentlich wünschen würde, wäre mal ein generelles Fußballbashing. Sexistische Geschlechterrollen und Weltverständnis wurzeln früh in Kindergemütern. Lange bevor Kinder Interesse für politische Prozesse entwickeln, ist die Begeisterung für Sport, insbesondere für Fußball, bei kleinen Jungen schon gegeben. Hier lernen kleine Jungs, dass Männer, also Fußballer, der Maßstab sind, dem jede andere Sportberichterstattung unterzuordnen ist. Jungs lernen Leistungsbereitschaft, Nationalismus und vor allem Männlichkeit durch die Fußballberichterstattung als Maß aller Dinge kennen. Das führt uns des abends fast noch jede „Tagesschau“ schmerzhaft vor Augen. Wertvolle Sendeminuten fehlen für die politische Information, weil dümmlichen Ledertretern das Feld freigeräumt wird. Es ist zum Kotzen. Die Fußballberichterstattung zementiert eine sexistische Geschlechterordnung.
Luckylulu auf taz.de
„Schalke Unser“
Den Verein pauschal als Nazi- und Rassistenclub darzustellen, widerspricht jeder Realität. Die Schalke-Fan-Initiative gegen Rassismus gibt es seit 1992 als eine der ersten in der Bundesliga. Zudem haben sich seitdem immer wieder besonders die Fans und Ultras eindeutig gegen jede Form der Diskriminierung positioniert. Vielleicht mal ein paar Ausgaben des Fanzines Schalke Unser lesen.
Rainer Kräker, Gelsenkirchen
Immer feste druff
Ja, was ist denn hier los? Die Kommunarden (wohl weniger *innen) echauffieren sich wie bei kicker.de! Herrlicher Artikel! Irland-Fan und Schalke-Hasser – eine sympathische Mischung. Immer feste druff auf den Schröder-Gazprom-Tönnies-Dreck! Mein Beifall sei Ihnen gewiss, lieber Herr Sotscheck. Olé, Olé! tazacorte auf taz.de
Einfach nur wie alle
Alle (und oft gerade die „Arbeitervereine“) haben sich gleichschalten lassen, wurden geführt von Opportunisten oder echten Nazis – und natürlich auch von „Glücksrittern“, die von „Arisierungen“ profitiert haben – und sie haben sich alle auch für jede Art von Propaganda bereitwillig einspannen lassen. Schalke war da unterm Strich mit Sicherheit nicht wesentlich besser oder schlechter als die anderen. Was kein Trost ist. Matthias auf taz.de
Antirassismus-Preise
Die Schalker Fan-Initiative wurde übrigens 2017 für ihren Kampf gegen Rassismus mit dem Julius-Hirsch-Preis und unlängst 2020 mit dem Julius-Rumpf-Preis ausgezeichnet. Gruß von einem alternden taz-Leser und Schalke-Fan mit Anhang, der diese Zeitung immer noch nicht hasst – trotz ihres Beitrags. Arialdo auf taz.de
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