wortwechsel: 2020, du fieses Horrorjahr, hau jetzt endlich ab. Bitte!
Morgen ist Silvester. Freuen wir uns auf das Neue Jahr? Es geht so. Unsere LeserInnen blicken zurück – mit Wut, aber auch mit Hoffnung auf die Zukunft. Ein bisschen wenigstens
Nachrichten aus China
„Haft wegen Berichten aus Wuhan: Die Frau, die China demaskiert“,
taz vom 28. 12. 20
Während eines der schwierigsten Jahre aller Zeiten mit vielen Akten der Unterstützung, Großzügigkeit und Vereinigung der Gemeinschaften zu Ende geht, sehen wir in China das Gegenteil mit der Inhaftierung der Ziviljournalistin Zhang Zhan. Sie gehört zu einer Reihe von Journalisten, die über das Wuhan-Virus berichteten, das sich weltweit ausbreitete. Etliche JournalistInnen wurden angeklagt oder sind „vermisst“. Zhang wurde wegen des ungewöhnlichen Verbrechens verurteilt, „Streitigkeiten auszusuchen und Probleme zu provozieren“. Wenn dies überall ein Verbrechen wäre, würden viele Paare, die monatelang in ihren Häusern eingesperrt waren, ins Gefängnis gehen. Die Hauptsorge ist, dass dies ein weiteres Beispiel für eine repressive Regierung ist, die eine ehrliche, unvoreingenommene Berichterstattung über Nachrichten verhindert. Es gibt zu viele Beispiele für einen kurzen Brief, über Fälle von Journalisten, die getötet, eingesperrt oder eingeschüchtert werden, weil sie nur die Wahrheit gesagt haben: Dies ist ein wahres Verbrechen.
Dennis Fitzgerald, Melbourne, Australien
Sparen bei Impfzentren?
„Impfstart in Deutschland“,
taz vom 29. 12. 20
Was ich nicht verstehe, ist, warum sich Journalismus nicht darum kümmert, massiven Druck zu machen, dass es Impfstoff für alle jetzt sofort gibt. Der hätte schon längst (auch von anderen Firmen) produziert sein können, x Impfzentren hätten in den Startlöchern, alle Menschen hätten in den ersten Tagen geimpft sein können. Und in drei Wochen noch einmal. China kriegt so was ja bei den Tests auch hin. Damit wäre die ganze gesellschaftliche Katastrophe, die die Pandemie bedeutet – vorbei. Es ist Geiz und Menschenverachtung, da zu sparen! Da bräuchte es kritischen Journalismus – um zu klären, wer das verhindert und wer verantwortlich ist.
Rosine Kringel, Hamburg
Und was macht Taiwan?
„Wir haben politisch krass versagt“,
taz vom 24./25./26. 12. 20
Hier wird (wie so häufig in deutschen Medien) behauptet, in Taiwan gebe es eine Tracking App im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Das stimmt nicht. Taiwan setzt bei der Überwachung einer Quarantäne die Funkzellenabfrage ein. Dies funktioniert auch mit einem Nokia 3210 und ist sehr ungenau. Taiwan hat einfach so wenige Fälle, dass das Tracingsystem der örtlichen Gesundheitsämter per Telefonanruf funktioniert. Auf diesem Fallniveau sind wir in Deutschland nie angelangt. Jan Boland, Neuss
Wissenschaft. Wahrheit
betr.: Corona im weitesten Sinne
Sehr geehrte tazzler, da gibt es ein Buch von Paul Schreyer, das ich Ihnen sehr empfehlen möchte und dessen Inhalt ich gerne in der taz besprochen haben möchte. Es geht um Corona, aber im weitesten Sinne. Das Buch heißt „Chronik einer angekündigten Krise“. Zitat: „Dass Wahrheit in der Gesellschaft nie losgelöst von Macht existiert, wird selten diskutiert. Die Wissenschaft, die sich nur für die Wahrheit interessiert und für sonst nichts, ist eine Schimäre.“ Lisa Bäuml, Berlin
Pack alles in die Zeitung!
betr.: Danke für Weihnachten!
Liebe Tazianer*innen! Danke für das wunderschöne Packpapier! Geschenke upgraden ist so schön mit eurem Produkt! Es ermöglicht einen neuen Blick auf die Artikel und Fotos, und wir konnten eurer Zeitung mit empfindlicherer Wahrnehmung begegnen – haptisch wie optisch und politisch! Ganz herzlichen Dank.
Uli Reen und Familie
Nachrichten der Türkei
„Ein plumper Deckmantel“,
taz vom 28. 12. 20
Erdoğan hat längst begriffen, dass er „sein Land“ nicht mehr als einen demokratischen Rechtsstaat chiffrieren muss. Wozu Macht und Selbstbeherrschung mit dem Volk teilen, wenn man jene EU, die in der Vergangenheit gewiss auch das Ego des stolzen Präsidenten so manches Mal auf eine harte Probe gestellt hat, inzwischen – dank eines dubiosen Flüchtlingsabkommens – am Gängelband führen kann? In einem Land, wo wiederholt freie Menschen de facto zu Freiwild und politischer Verhandlungsmasse werden können, herrscht das Gegenteil von Demokratie.
Matthias Bartsch, Lichtenau
Die Banalität des Bösen
„Nicht immer nur an den Feinden zweifeln“, taz vom 24./25./26. 12. 20
Der Wunsch, die Motive von Menschen wie Seehofer (Verweigerung der Aufnahme von ein paar Tausend Flüchtlingen aus Lesbos, deren Kinder inzwischen von Ratten angenagt werden) wenigstens ansatzweise zu verstehen, um die eigene Wut darüber abzukühlen, treibt vermutlich, hoffentlich sehr viele Menschen um. Ihre Erklärung – „Die leben in einer ganz anderen Logik, dienen einer höheren Sache, fühlen sich von Feinden umgeben“ – wirft aber gleich die nächsten Fragen auf. Seehofer & Co rechtfertigen sich mit Sätzen wie: „Wenn wir die aufnehmen, kommen weitere nach“ oder „Wir brauchen erst eine europäische Einigung“.
Die Frage ist: Wie kann ein Mensch dahin gelangen, dass ihm solche „höheren Sachen“ genügen, um andere Menschen in unsäglichem Elend dahinvegetieren zu lassen? Einen sehr tief gehenden Versuch einer Erklärung für inhumanes Verhalten hat Hannah Arendt in ihrem Buch über die Banalität des Bösen geliefert – ob das die Wut mindert, sei dahingestellt, aber den Optimismus hinsichtlich Weltverbesserung mindert’s auf jeden Fall.
Frank Liepold, Durmersheim
Liebe?!
„Halt dich an deiner Liebe fest“,
taz vom 24./25./26. 12. 20
Liebe taz, bitte erklärt mir mal, was Prostitution mit Liebe zu tun hat! Liebe Grüße. Guten Rutsch! Ingrid Gordon-Sagemühl
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