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wortwechsel„AfD-Wähler sind nur frustriert? Stimmt nicht!“

Was folgt aus den Wahlen in Sachsen und Brandenburg? Sind AfD-Wähler Überzeugungs­täter? Oder Sprachrohr der Abgehängten? taz-LeserInnen wollen mehr aus dem Osten hören

Montag, 2. September 2019: Pegida-Demonstranten in der Dresdener Innenstadt Foto: Karsten Thielker

taz aus dem Osten!

betr.: taz Ost

Hallo liebe taz, ich möchte mich bei euch für die taz Ost bedanken! Die ausführliche Berichterstattung gerade auch über kleinere Orte, Projekte und Einzelpersonen finde ich sehr interessant, auch weil solche differenzierten Ost-Eindrücke in den Medien meiner Meinung nach oft zu kurz kommen. An übergreifenden Darum-wählt-der-Osten-AfD-Artikeln in den diversen überregionalen Zeitungen hat es ja gerade in letzter Zeit nicht gemangelt.

Ich habe aber festgestellt: Diese Artikel befriedigen zwar meinen Intellekt, aber lassen mich im Grunde trotzdem ratlos zurück. Durch die zahlreichen Eindrücke aus den Artikeln der taz Ost bin ich „dem Osten“ zum ersten Mal auch über den Journalismus gefühlsmäßig näher gekommen. Dieses Nähegefühl, das bei mir zu Ansätzen des Verstehens führt, stellt sich wohl dadurch ein, dass konkret aus der Lebenswelt der Menschen berichtet wird, statt Phänomene abstrakt über kollektive Erfahrungen zu erklären. Ich glaube, dass es wichtig wäre, mehr aus dem Osten statt nur über den Osten zu schreiben. Schade, dass die taz Ost am 9. November endet. PS: Ich bin „Wossi“. Lena Burgert, Leipzig

„Es wird kälter: Jede*r Vierte in Sachsen und Brandenburg wählt AfD“,

taz vom 2. 9. 19

Das ist ja kein Wunder

Die Sozialleistungen der armen Menschen werden gekürzt. Diese Menschen werden dann zur Kasse gebeten. Und das ist ja natürlich eine schlechte Lehre für alle Menschen, die nur Arbeitskräfte sein dürfen und alle vier, fünf Jahre ihre Stimme abgeben müssen. Die erste Stufe des Rechtsradikalismus bedeutet: Kürzung der Sozialleistungen, die Menschen langzeitarbeitslos machen, Äußerungen von manchen Regierungsleuten, Hartz-IV-Empfänger sind dumm und Schmarotzer und kriminelle Ausländer. Dies macht den Weg frei für die weiteren rechtsradikalen Gedanken: Fremd- und Minderheitenfeindlichkeit. Selbstverständlich dürfen die Reichen und auch Systemtreue sich über den Rechtsruck freuen und aufatmen, weil in dieser Lage ihre Reichtümer, aber auch die Marktwirtschaft nicht infrage gestellt werden. Aber jeder Rechtsruck hat negative Folgen gegen alle Minderheiten, ohne und mit deutschem Pass in der Tasche. Ali-Reza Hassanpour, Berlin

Rechte Partei notwendig

Immer wieder wundere ich mich bei der Lektüre Ihrer Zeitung, dass nirgendwo die Erwartung der Bewohner aus Ostdeutschland gewürdigt wird, die eine Partei rechts von der CDU suchen. Die linke Partei hat an Bedeutung verloren. CDU und SPD vertreten die Mitte der Bevölkerung, aber davon fühlen sich viele Ostdeutsche – wahrscheinlich auch eine Gruppe von Westdeutschen – nicht angesprochen, die ihren Ärger über die „Bevorzugung der Flüchtlinge“, ihren Wunsch nach einer autoritären Regierungsform, ihre fehlende Bereitschaft, sich weiter als Nachkommen der Judenvernichter fühlen zu müssen, in einer Partei vertreten sehen wollen. Es gibt – gerade in den Wahlergebnissen zeigte sich das – genügend ernstzunehmende Wähler und nicht nur Rechtsextreme und Nazis in der AfD. Es ist klar, dass mit Verbrechern und Hasspredigern keine Politik gemacht werden darf. Die Partei muss aber die Chance haben, je mehr sie sich von diesen Menschen distanziert, umso mehr in die demokratische Regierungsform einbezogen zu werden, ohne deshalb CDU oder SPD wählen zu müssen. Es muss die Streu vom Weizen getrennt werden, hier, die verbrecherischen von den demokratischen Parteimitgliedern und Wählern. Mit den das Grundgesetz anerkennenden Bürgern muss diese Menschengruppe ihre – wenn auch uns unangenehmen – Meinungen vertreten sehen können. Mit anderen Worten: So wie es links von der Mitte eine Partei gibt, muss es auch rechts eine geben, mit der unsere Demokratie fertig werden muss, eventuell sogar leben kann!

Wiebke Prelle, Bergisch Gladbach

Liberale außen vor?

„Wahlkampfabschluss in Sachsen: The final countdown“, taz vom 31. 8. 19

Im Sachsenspezial der taz scheint es in der Vorstellungswelt der zuständigen Redakteure keinerlei Liberale zu geben, geschweige denn eine FDP. Auch die Freien Wähler finden bei euch kaum Erwähnung, obwohl deren Umfragewerte einiges für die anstehende Wahl erwarten ließen. Robert Lohse, Hamburg

Und die Nichtwähler?

betr.: Auswertung der Wahlumfragen

Die Berichte über Wahlumfragen, die nur die Ergebnisse der Parteien darstellen und deren Veränderung, geben nur die halbe Wahrheit wieder. So werden die wichtigen Punkte wie Anzahl der noch Unentschiedenen und die Zahl der Nichtwähler verschwiegen. Die Bedeutung der Nichtwähler hat weder das ZDF noch die taz wirklich öffentlichkeitswirksam behandelt. Da wünsch ich mir eine Änderung. Erich Holzwarth, Aalen

Sie wissen, was sie tun

„Der Wahlerfolg der AfD: Überzeugungswähler“, taz vom 2. 9. 19

Ich kann Frau am Orde nur zustimmen: Diejenigen, die die AfD gewählt haben, wissen ganz genau, wofür diese Partei steht und wem sie ihre Stimme gegeben haben. In aller Offenheit und Deutlichkeit haben die betreffenden PolitikerInnen gesagt und gezeigt, wes Geistes Kinder sie sind. Es ist gefährlich, diese Menschen verharmlosend als Frustrierte zu bezeichnen. Noch immer wird den angeblich ach so armen, abgehängten Menschen im Osten Verständnis entgegengebracht, hätten sie doch durch die Wiedervereinigung vor mittlerweile 30 Jahren quasi von einem Tag auf den anderen ihre Identität verloren. Und dann sind sie über Nacht als Faschisten aufgewacht, die allen Menschen, die irgendwie anders sind und denken als sie selber, zu Untermenschen degradieren und beschimpfen, jagen, verprügeln oder gar töten dürfen?

Kirsten Diercks, Norderstedt

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