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wortwechselNetzwerke: Verbünden für Gewalt oder Frieden

Hanibal mit Uniter Netzwerk; ein verrückter australischer Killer mit rechtsextremem Netzwerk. Andererseits: Schülernetzwerk mit Greta; Netzwerke der Friedensbewegung

„Make the world Greta again“,

taz vom 16./17. 3. 19

Einladung zur Gewalt?

Liebe taz, am 15. März fand ein Ereignis von welthistorischem Ausmaß statt: Millionen von Schülerinnen und Schülern demonstrierten für Klimaschutz. Sie gingen in über 1.700 Orten in 123 Ländern der Erde auf die Straße. Allein in Deutschland waren es rund 300.000 – eine Teilnahmezahl, die die allermeisten Demonstrationen niemals erreichen. Meine Freude darüber war enorm. Doch noch größer war mein Erstaunen, als ich die Nachrichten verfolgte und „meine“ taz aufschlug.

Auf der Titelseite: „828 Tage Rot-Rot-Grün“. Auf Seite zwei der übliche Nachrichten-Mischmasch, auf Seite drei der Anschlag von Neuseeland. Erst auf Seite sieben ein vergleichsweise dürrer viertelseitiger Bericht: „Make the World Greta Again“. Auf der Meinungsseite: kein Kommentar. Nur auf Seite zwei die Warnung von Bettina Gaus vor der Verleihung des Friedensnobelpreises an Greta Thunberg.

Ich wollte wissen, ob das „Methode“ hat, und habe deshalb am 16. März insgesamt 17 Tageszeitungen ausgewertet. In keinem einzigen Medium wurde dieses historische Ereignis an erster Stelle berichtet. Den Anschlag in Neuseeland hielten fast alle Redaktionen für wesentlich wichtiger. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Selbstverständlich muss man ausführlich über das Attentat von Neuseeland berichten. Aber muss es an erster Stelle sein? Betrifft uns das existenzieller und härter als das Weltproblem Klimakrise? Gilt auch für euch: „Only bad news are good news“? Ist Mord und Totschlag „wichtiger“ als der globale Schrei von Millionen Jugendlichen nach verantwortlichem Handeln von Politik und Wirtschaft? Moderne Massenmedien wollen so etwas sein wie die Augen und Ohren der Menschheit. Sie haben den Anspruch, das Wichtigste zu sehen, zu hören und zu berichten. Was aber, wenn sie gar nicht fähig sind, Historisches wahrzunehmen?

Und was, wenn sie den falschen Subtext aussenden:

1. Ihr Jugendlichen seid nicht wichtig.

2. Ihr werdet für unsere Berichterstattung erst dann wichtig, wenn ihr wie die Attentäter von Neuseeland Menschen erschießt.

3. Wir warnen zwar vor Nachahmungstätern, aber wir geben gleichzeitig eine Gebrauchsanweisung, was ihr machen müsst, um wahrgenommen zu werden: Gewalt anwenden.

Die demonstrierenden Jugendlichen kritisieren das Politikversagen. Nach der minimalen Berichterstattung über den globalen „Friday for Future“ und der Reklame für die Attentäter von Neuseeland können sie mit Fug und Recht auch das Medienversagen anprangern.

Ute Scheub, Berlin

Friedensbewegung lebt!

„Warum die Friedensbewegung versagt“, taz vom 16./17. 3. 19

Es ist wirklich ärgerlich: Da schreiben zwei gestandene Wissenschaftler*innen, denen eine gewisse Sympathie für die Friedensbewegung anzumerken ist, kritisch über die Friedensbewegung, und die taz-Redaktion schiebt eine „schön“ provokante Überschrift drüber. Neben manchen zutreffenden Kritikpunkten fällt auf: Alles, was die Friedensbewegung und ihr nahestehende Organisationen zum Schutz der Zivilbevölkerung tun, wird komplett negiert. Das zeigt sich am deutlichsten in dem Hinweis auf den Südsudan. Wer sorgt dort auf der lokalen Ebene – neben UNMISS – für den Schutz der Zivilbevölkerung? Eine internationale Friedensorganisation namens Non violent Peaceforce.

Auch die Peace Brigades International und viele andere ähnlich arbeitende Organisationen schützen Menschen in Konfliktregionen durch ihre Präsenz. Und das Ganze für wenige Promille von den Kosten eines Militäreinsatzes in Afghanistan. Und der Zivile Friedensdienst wurde – oh ja! – aus der Friedensbewegung begründet.

Es ist ärgerlich, wenn so gestandene Wissenschaftler*innen über die Friedensbewegung schreiben, ohne all dieses auch nur zu erwähnen. Woran liegt es, dass positive Nachrichten über die Arbeit von nichtstaatlichen Friedensorganisationen, die Menschen in Krisengebieten schützen, in größeren Zeitungen nicht veröffentlicht werden? Stephan Brües, Wiesloch

Ahnungslos MAD

„Miliz made in Germany“,

taz vom 16./17. 3. 19

Liebe tazlerInnen, nach dem NSU-Desaster und nun weiteren taz-Recherchen zu Uniter bin ich der Ansicht, dass wir weder den ahnungslosen Geheimverband MAD noch den ahnungslosen Geheimverband Verfassungsschutz benötigen – diese Behörden, die schon lange einen Staat im Staate bilden. Sie kochen nur ihre eigene (rechte) Suppe. Ich finde, die taz mit ihren Recherchen erledigt diesen Job besser, transparenter und erfolgreicher als die oben erwähnten.

Elke Sandvoß-Böhm, Neukamperfehn

Netzwerke des Militärs

„Nicht Assads Wünsche erfüllen“,

taz vom 15. 3. 19

Kristin Helbergs Kommentar ist voll zuzustimmen. Es wäre der blanke Hohn, sollten Aufbaugelder an das Assad-Regime fließen. Erst bomben Russen und das Regime die Städte der Opposition brutal zusammen und dann soll der Westen beim Aufbau helfen. In Al Rakka, das von der Koalition gegen den IS zerstört wurde, dort könnte man mit einem Aufbauprogramm unter Schutz der verbliebenen US-, englischen und französischen Soldaten helfen und den Einwohnern Perspektiven eröffnen. Für die Provinz Idlib ist zur Zeit die dauerhafte Präsenz türkischer Militärposten die beste Lösung, andernfalls hätten die Russen und Assad die Städte schon längst in Schutt gelegt. Es ist immer noch nicht zu fassen, mit welcher Brutalität der oppositionellen Zivilbevölkerung in Ost-Aleppo, Goutah, Homs und Daraa während des Krieges der Garaus gemacht wurde (Sprengbomben, Streubomben, Fassbomben, Giftgas) und dass dies zugelassen wurde, die UNO sich zum Büttel machte, da fast alle Hilfslieferungen an das Assad-Regime gingen. Clemens Ludewig, Hamburg

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