wortwechsel: Placebo? Selbstheilung?„Wer heilt, hat recht?“
Homöopathie scheidet die Geister – Humbug oder Hilfe? Den taz-Aufmacher „Hokus Pokus Globuli“ hielten viele LeserInnen für zu polemisch und einseitig. Wir drucken die Gegenrede
„Hokus Pokus Globuli“, taz vom 2./3. 3. 19
„Geistige“ Wirkung?
Der Artikel macht genau das, was er bei der Homöopathie kritisiert: Er behauptet etwas, das er nicht wirklich belegt. Sinnvoller wäre es gewesen, die Grundprobleme der Homöopathie anzusprechen: dass ihre Vertreter erstens selbst nicht wissen, warum sie wirkt, und dass ihre Wirksamkeit zweitens nicht so durch Studien bewiesen werden kann wie bei chemischen Medikamenten, denn wenn es wirklich eine „geistige“ Wirkung gibt, die auf den Stoff übergeht, und wenn diese wirklich ganzheitlich auf den Menschen wirkt und nicht gezielt in die Chemie des Körpers eingreift, braucht sie ganz andere Nachweismethoden.
So eine Diskussion würde ich von einer Zeitung wie der taz erwarten!
Christoph Kranich, Freiburg im Breisgau
Fidibus!
Ich bin 78 Jahre alt. Bis zu meinem 42. Lebensjahr hatte ich über 20 Jahre lang unerträgliche Kopfschmerzen. Schließlich war ich süchtig nach entsprechenden Tabletten der klassischen Medizin.
Dann kam ich in die Fänge einer klassischen Homöopathin. Mann, o Mann! Drei Stunden hat sie mir Löcher in den Bauch gefragt. Mit den Globuli – Hokus Pokus! – verschwanden die Kopfschmerzen und sind – Hokus Pokus Fidibus! – nicht wieder aufgetaucht. Ich habe nun seit 36 Jahren keine einzige Tablette für keinen einzigen „Notfall“ benötigt. Ich bin sicher, das alles ist Einbildung …
Harald Riese, Heilsbronn
Selbstheilungskräfte
Der Wert und die Wirkung der Homöopathie besteht nur darin, die Selbstheilungskräfte anzuregen und sie zuzulassen. Dabei findet immer eine engmaschige Kontrolle statt. Erwachsene geben ihre Selbstverantwortung heute nicht an einen Homöopathen ab. Ich kenne keine KollegInnen, die ihre Patienten nicht zur Ärztin schicken, um objektive Diagnosen zu erhalten. Auch habe ich als Homöopath nicht den Anspruch, „die Therapie“ gefunden zu haben. Es gibt unzählige physikalische und chemische Beispiele, die Gleiches mit Gleichem „behandeln“.
(Versuchen sie mal ihre Glasscheibe vom Kamin mit einem feuchten Lappen, in Asche getunkt, vom Ruß zu befreien – sie werden nie wieder mit Putzmittel scheuern.)
Zu guter Letzt: haben Sie sich schon mal gefragt, warum sogar Babys und Tiere tatsächlich mit Heilung reagieren? So ein flacher, polemischer Sensationsjournalismus in der taz?
Ingrid Dwertmann, Bremen
Tunnelblick Medizin
Der modernen Schulmedizin ist es bis dato weder bildmorphologisch, laborchemisch, liquordiagnostisch noch anatomisch (via Sektion) gelungen, die menschliche Seele zu detektieren – ergo kann sie nicht existieren? Oder doch? Es gibt so vieles zwischen Himmel und Erde, das sich der modern denkende Mensch nicht vorstellen kann und das doch wirkt. Man sollte das Eine nicht vergöttern und das andere nicht verteufeln. Es gilt den Mittelweg zu beschreiten, die Empirie hinzuzunehmen und nicht zu vergessen, dass der, der heilt, recht hat. Die spezialisierte Tunnelblick-Medizin hat die Komplexität des Menschen und dessen Fähigkeiten zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte aus den Augen verloren. Die Homöopathie wirkt und die Erde dreht sich doch.
Ulrike Dajcman, Bad Boll
Infektprophylaxe
Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass mir homöopathische Medikamente sowohl als Infektprophylaxe als auch als Therapie kleinerer Infekte seit Jahren mit sehr gutem Erfolg helfen. Empfohlen von einer Apothekerin war ich als Intensivpfleger zunächst kritisch. Nach erfolgreichen „Selbstversuchen“ bin ich von der Wirksamkeit überzeugt. Dass es Grenzen für und Schnittmengen von Homöopathie und Schulmedizin gibt, ist klar. Billige Polemik halte ich in diesem Zusammenhang für unangebracht!
Wolfgang Hack, Homburg
Es ist eine sanfte Medizin
Ist euch eigentlich klar, dass die Homöopathie die sanfteste und nachhaltigste Medizin überhaupt ist? Als Heilmittel werden in sehr geringer stofflicher Konzentration Pflanzen, Mineralien und wenige tierische Stoffe eingesetzt. Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass eine Medizin, die mit so wenig Arzneistoff und Medizintechnik Heilung erzielt, eine starke Gegnerschaft auf den Plan ruft, getrieben von wirtschaftlichen Interessen großer Unternehmen, viel größeren Unternehmen als den kleinen Davids, die die homöopathischen Mittel herstellen.
Möglicherweise kennt ihr die Aussage von Mahatma Gandhi zur Homöopathie: „Homöopathie ist die modernste und durchdachteste Methode, um Kranke ökonomisch und gewaltlos zu behandeln. Die Regierung muss sie in unserem Land fördern und unterstützen.“
In den ausführlichen Patientengesprächen geht es immer wieder darum, den Menschen das Gespür für eine gesündere und nachhaltige Lebensweise zu vermitteln, das Verständnis für biologisch vollwertige Nahrungsmittel zu wecken und damit letztlich einen ethischen Umgang mit unserer Lebenswelt zu fördern. Die taz steht (stand?) für mich für Nachhaltigkeit und ökologisches, bewusstes Leben. Bitte vergewissert euch noch einmal selbst, für welche Werte ihr steht.
Ob ihr nachhaltige, sanfte Medizin unterstützen wollt oder ob ihr lieber der Antibiotika-, Hormon- und Betablocker-Medizin den Steigbügel halten wollt.
Kornelia von Pokrzywnicki, Magdeburg
Ärzte mit Zeit?
Interessant ist, warum diese alte Auseinandersetzung gerade jetzt wieder hochgekocht wird. Privatinvestoren kaufen momentan Hausarztpraxen auf, um Renditen von 10–12 Prozent einfahren zu können. Zeitaufwendige naturheilkundliche Anwendungen sollen aus der Arztpraxis verschwinden.
Die Konkurrenz für Hausarztpraxis-Konstrukte durch selbstständige naturheilkundlich arbeitende Heilpraktiker und Ärzte soll vom Markt verschwinden. Emanuel Schaaf, Dreieich
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