piwik no script img

wortwechsel„Oh, wie ich hoffte, solche Sätze in der taz zu lesen“

Rotorengeräusche und Schlagschatten in der Idylle. Probleme mit dem Datenschutz. Feiern in Israel, Tod in Palästina. Mai 68, die Linke und die Rechte. Lieber kein Trump

Kein Datenschutz

„Überfordert wird keiner“, taz vom 19. 4. 18

Am 25. Mai wird die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) scharf geschaltet. Ich arbeite als Hausarzt in Köln-Mülheim. Die DSGVO bringt für die Sprechstunde ein digitales und ein analoges Problem mit sich.

Digitales Problem: Für die Telematikstruktur sollen 200.000 Ärzte vernetzt werden, um Patientendaten automatisiert auszutauschen. Mir liegt ein Schreiben der Landesdatenschutzbeauftragten NRW vor, in dem mir erklärt wird, ich müsse mich anschließen lassen, und gleichzeitig wird die Forderung erhoben, ich dürfe keinen Rechner mit Patientendaten mit dem Internet koppeln. Auf meine Rückfrage, wo es denn Sicherheits-Updates außerhalb des Internets gebe, habe ich keine Antwort bekommen.

Analoges Problem: Die Behörden und Sozialversicherungen fordern regelmäßig Gesundheitsdaten von uns an. Die Patienten unterschreiben eine Schweigepflicht­entbindung, ich formulierte die Antworten auf die gestellten Fragen, fertig. So ging das bisher. Dieses Vorgehen wird ab dem 25. Mai gegen die DSGVO verstoßen. Der Patient kennt weder die gestellten Fragen noch meine Antworten darauf. Er könnte von seinen Rechten auf Vergessen und seinem Recht auf Widerruf Gebrauch machen wollen, wenn meine Auskunft Informationen enthält, von denen er nicht möchte, dass ich sie weitergebe. Außerdem ist die Zweckbindung nicht gewahrt. Dieses Problem habe ich der Stadt Köln zur Prüfung vorgelegt. Mir liegt nun eine Weisung der Bezirksregierung Münster vor, ich müsse an dem bisherigen Datenerhebungsweg festhalten, gleichzeitig sei ich in dieser Frage unter Supervision gestellt. Stefan Streit, Köln-Mülheim

Wald ohne Windkraft

„Die Windräder des Bösen“, taz vom 21./22. 4. 18

Sie berichten über den widerrechtlichen Windkraftanlagenbau in Mexiko auf indigenem Boden. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch gerade mitten in Deutschland, direkt vor meiner Haustür ab. Ich lebe im Gebiet des Vogelsbergs in Hessen. Der Vogelsberg, dem 1956 wegen seiner zentralen Bedeutung für den Natur- und Artenschutz das Prädikat „Naturpark“ verliehen wurde und der einer der ältesten Naturparks Deutschlands ist, ist die Region mit der höchsten Windkraftanlagendichte in Hessen. Hier stehen mit über 220 Anlagen – weitere 40 befinden sich im Genehmigungs- und Planungsprozess, doppelt so viele in den nächsten Jahren geplant – 75 Prozent aller mittelhessischen und 25 Prozent aller hessischen Windturbinenkraftwerke.

Eine Mafiagruppe aus Projektierern errichtet unzählige Windkraftanlagen (WKA) im Hinterland. Da wo sich Fuchs und Igel einst Gute Nacht sagten, machen unzählige WKAs aus Wäldern und naturnahen Landschaften Industrieanlagen. Völlig unbehelligt können sie eine Anlage nach der anderen bauen, ohne dass die Bewohner informiert werden müssen oder gar ein Einspruchsrecht hätten. Nur wenige Bauern, die ihr Land verpachten, bekommen eine gute Pacht, die jedoch später für den Rückbau der Anlagen schnell aufgebraucht sein wird. Da erst ab 20 Anlagen die Pläne offengelegt werden müssen, wird in kleinen Schritten geplant, erst 5, dann die nächsten 10. Wie Pilze sprießen sie über Nacht aus dem Boden. Lange Schlagschatten und laute Rotorengeräusche durchziehen die einstige Idylle, die Bevölkerung wird wissentlich den gesundheitlichen Gefahren durch Infraschall ausgesetzt, zahlreiche geschützte Arten wie Fledermäuse, Raubvögel und Zugvögel werden der Energiewende geopfert. Hier handelt es sich um konzeptlose Machenschaften von Politik (Grüne eingeschlossen) und Industrie, denen es in erster Linie um das Abgreifen der hohen Subventionen geht. Hohe Gewinne sind ihnen sicher, auch in windarmen Gebieten werden Subventionen eingefahren, da der ökonomische Nutzen langfristig nicht nachgewiesen werden muss.

Derzeit wird im Nachbargebiet Ebsdorfergrund ein weiterer Windpark mit 28 Anlagen im Wald geplant. Unsere Bürgerinitiative „Wald ohne Windkraft“ versucht derzeit, das Projekt zu stoppen. Maria Kersting, Vogelsberg

„Kanonenfutter der Hamas“, „Jähes Ende der Nakba-Proteste“, taz vom 16. 5. 18

Vertreibung seit 1947

Mit dem Satz: „Am 15. Mai erinnern die Palästinenser an den Beginn der Flüchtlingskatastrophe, der Nakba, die sich in diesem Jahr zum 70. Mal jährt“, entsteht der Eindruck, dass diese erst am 15. Mai 1948 begann. Doch sie begann bereits gegen Ende 1947, und zum Zeitpunkt der Ausrufung des Staates Israel im Mai 48 waren bereits mehr als 300.000 PalästinenserInnen von zionistischen Milizen vertrieben, worden und auf der Flucht. Erst dann marschierten die schlecht ausgerüsteten und schlecht vorbereiteten Truppen arabischer Staaten ein, denn sie sahen sich einer großen Flüchtlingswelle gegenüber! Dies alles ist gut belegt, auch von israelischen Historikern wie Ilan Pappe, der in seinem Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ detailliert darauf eingeht.

Der Menschenrechtsaktivist Jamal Juma’a, Sprecher der Initiative „Stop the Wall“ (Ramallah), bat am Dienstag auf einer Veranstaltung in Stuttgart darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Menschen in Gaza nicht, wie oft dargestellt, einfach von der Hamas zu Protesten treiben lassen. Auch wir, sagte er sinngemäß, sind Menschen mit Angehörigen, individuellen Geschichten und mit Denkvermögen und nicht nur manipulierbare Masse. Wir sind auch nicht naiv, sondern kämpfen für unsere Menschenrechte.

Manuela Kunkel, Stuttgart

Trumpismus in Israel

Susanne Knaul gibt der Hamas die Alleinschuld. Darüber hinaus schreibt sie, als ob es sich hier um zwei gleichmächtige Kämpfer handelt. Zum Beispiel schreibt sie mit nicht zu überlesender Genug­tuung: „Anstatt mit brennenden Reifen und Stein­schleudern in die Schlacht gegen die Soldaten im Grenzbereich zu ziehen, begruben die Trau­ernden ihre Toten.“ Der einzige kritische Kommentar („Die Palästinenser werden mit ihrer hoffnungslosen Lage alleingelassen“, taz vom 15. Mai) kommt von Tsafrir Cohen und wird als „dritte Meinung“ bezeichnet. Die taz scheint also Susanne Knauls Meinung zu sein.

Knaul spricht nur von der strahlenden Ivanka Trump bei der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem. Im Editorial der New York Times, „Mr. Trump’s Failure in Jerusalem“, vom 14. Mai lesen wir hingegen: „Die Veranstaltung war grotesk. Es war eine Vollendung der zynischen Allianz zwischen jüdischen Falken und zionistischen Evangelikalen, die glauben, dass die Rückkehr der Juden nach Israel die Apokalypse und die Wiederkunft Christi einleiten wird, wonach die Juden, die nicht konvertieren, für immer brennen werden. Was wir sehen, ist, dass Israel erneut übermäßige und tödliche Gewalt gegen Demonstranten angewandt hat, die keine unmittelbare Bedrohung darstellen.“

Und oh, wie ich hoffte, in der taz solche Sätze zu lesen: „Je mehr Trumpismus und Israel miteinander verflochten sind, desto mehr linke Amerikaner werden vom Zio­nis­mus entfremdet werden.“ Oder zum Schluss: „Trump hat das, was in Israel am schlimmsten ist, gestärkt.“

David Auerbach, Wangen

Verpixelt ihn

Viel zu viel Trump

Trump hat dieses und jenes verkündet, das und das getweetet, Trump hier, Trump da. Müssen wir einem solchem Narzissten und Egozentriker wirklich so viel Aufmerksamkeit schenken? Nun gut, er ist und bleibt der Präsident der USA, traurig, aber wahr. Einfach nicht mehr über ihn zu berichten, wäre auch nicht wirklich die Lösung. Aber wie wäre es, wenn ihr wenigstens einmal eine Woche seinen Namen weglasst, nur den Titel „Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika“ schreibt und ihn auf allen Bildern verpixelt? So würden wir Leser*innen wenigstens den Vorgeschmack auf die lang ersehnte Zeit ohne Donald Trump bekommen. Leon Vormschlag, Bremen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen