wm gucken mit : … Polen in Hannover
Schon als die Knirpse der IGS List am Mittag in der U7 für ihren großen Auftritt im „Global Village“ üben, geht ein Wellchen der Rührung durch die Fahrgäste: Polnische Fans, die am Kröpke zusteigen, singen die polnische Nationalhymne laut mit den Schülern mit, die das Lied gleich an der Multi-Kulti-Bühne an der Marktkirche in Hannover vorsingen wollen. Es ist der letzte Tag der polnischen Elf bei der WM. Die Gegner aus Costa Rica düsen mit Bussen durch die Stadt, auf denen „movimiento nacional espontáneo“ steht, Spontane nationale Bewegung. Ansonsten bebt die Stadt in rot-weiß. Es dürften 20.000 bis 25.000 Polen durch die Stadt schwappen. Die Polizei meldet drei Festnahmen rot-weißer Hooligans, ansonsten bleibt alles friedlich. Schon an der Marktkirche kommt es zu völkerverständigenden Momenten, als sich die „Polska“-Fans vor dem Luther-Denkmal, über dem derzeit ein Fußball schwebt, mit den „Ticos“ Arm in Arm fotografieren lassen. Auch für die Lateinamerikaner geht es in der „Petersilien-Partie“ nur noch um die Ehre.
„Dass die Organisation stimmt, war klar“, sagt Wojciech Loj aus Poznań (Posen), der mit einem achtköpfigen rot-weißen Trupp ein „Trainings“-Bierchen auf dem Marktplatz trinkt. „Aber dass die hier so freundlich sind, hätte ich nicht im Leben gedacht.“ Nur mit etwas Bauchgrimmen hatten sich die Fans aus Poznań gen Nachbarland aufgemacht. „Da ist was mit unserer Geschichte, das will mir nicht aus dem Kopf“, grübelt der 37-jährige Autoschlosser. „Bei uns führen sich viele Deutsche noch heute so auf, als ob …“, sagt Loj und winkt ab. Da kommen die Fünftklässler aus der U-Bahn mit einem Riesen-Transparent vorbei. Aufschrift: „Die Schüler der IGS List begrüßen die polnischen Fans ganz herzlich.“ Loj lacht.
Heute geht es dann doch nur um das Runde und das Eckige. Die Männer aus Poznań haben keine Tickets mehr für das Spiel im Stadion bekommen und schauen deshalb in einer der wenigen Kneipen, die das polnische Spiel zeigen. Klar ist, dass Trainer Paweł Janas schuld an der polnischen Misere ist. Klar ist auch, dass Loj und seine Kumpels auch nach dem 2:1-Siegtor von Bartosz Bosacki nur einen Song singen. Die Übersetzung: „Auf Wiedersehen, Janas!“ Bis bald, Polen. KAI SCHÖNEBERG