wir lassen lesen : Ein Ex-Golfprofi rezensiert literarisches Einlochen
Das, was Golf braucht!
Bernd Müllender eröffnet sein Werk „Eingelocht. Die wundersame Welt des Golfspiels“ auf den ersten Seiten gleich mit ein paar üblen Klischees. Nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten, sein Buch gleich wieder zu entsorgen. Der „Golfvirus“, das abgedroschene Entweder-oder zwischen Golf und Sex. Alles so tief aus der Kiste der biederen Golfgesellschaft hervorgekramt, dass es eigentlich nur einem vor Enthusiasmus völlig von Sinnen gewordenem Menschen originell erscheinen kann.
Zum Glück erholt sich der Autor nach einigen Seiten wieder und beschreibt Situationen und Gegebenheiten sehr treffend. Er analysiert das Profigolf fachkundig, auch das herausragende Ereignis dieses Sports, den Ryder Cup, bei dem Europas Größen gegen die besten US-Spieler angolfen. Die Beobachtungen zu den verschiedenen Jubelintensitäten und deren Bedeutungen habe ich mit Vergnügen gelesen. Allein die Empfehlungen, auf welche Art Golfplätze erschwert werden müssten, um sie für die Weltspitze wieder zu einer Herausforderung zu machen, treffen nicht den Kern. Hierzulande hat man sich so an schlechtes Golfplatz-Design gewöhnt, dass man sich einen Platz gar nicht mehr vorstellen kann, der hohe Ansprüche an Professionals stellt und gleichzeitig den Amateuren viel Freude bringt.
Die Betrachtungen des Autors zur Platzfreigabe, einer deutschen Erfindung, die sich mittlerweile zu einer Institution entwickelt hat, sprechen mir aus der Seele. Der deutsche Golfer kann sich Golf gar nicht mehr ohne diese nervige Prüfung vorstellen. Obwohl dieser Sport in den angelsächsischen Ländern schon seit Ewigkeiten besser als bei uns funktioniert – ohne Prüfung. Aber es ist, wie es schon immer war: An des Deutschen Seele soll die Welt genesen – wohl auch im Golf.
Die Existenz des Kreuzberger Golf Bundes (KGB) war mir bis zu dieser Lektüre nicht bekannt und für mich die positive Neuigkeit dieses Buches. Denn Vereinigungen und Individuen, die Golf unkompliziert und ohne den ganzen Schnickschnack spielen wollen, sind für dieses Spiel wichtiger als eine verrostete Einrichtung wie der Deutsche Golf-Verband. Es ist genau das, was Golf in diesem Land braucht. Und deswegen sind auch Bücher wie dieses für Golf notwendig. Genauso wie die Vergleiche der sexuellen Vorlieben und golferischen Neigungen. Erfrischend derb und amüsant, obwohl etwas zwanghaft originell. Sie schaffen jedoch eine Distanz zwischen dem Autor und dem sonst so harmlos spießigen Humor der Golfgemeinde, die dem Buch gut tut.
Zum Schluss webt der Autor noch pflichtschuldig ein paar Bonmots zu George W. Bush und seiner Kohorte ein. Das ist dann aber so sehr im Zeitgeist, dass es schon wieder langweilt. Denn eigentlich ist Golf ein ganz normaler Sport – nicht mehr. Und ganz bestimmt nicht weniger. THOMAS GÖGELE
Bernd Müllender: „Eingelocht. Die wundersame Welt des Golfspiels“ Eichborn Verlag 2003, 160 Seiten, 14,95 €