piwik no script img

Archiv-Artikel

werteunterricht Ein Pflichtfach für alle – endlich!

Man kann es kaum glauben: Es sieht so aus, als würde mit rot-rot-grüner Mehrheit ein verpflichtender Werteunterricht für alle SchülerInnen eingeführt. Damit ginge ein Streit zu Ende, der seit Jahren die Berliner Bildungspolitik blockiert. Und der zugelassen hat, dass nur Kinder an einem wertevermittelnden Unterricht teilnehmen, die Lust dazu haben oder deren Eltern darauf drängen. Damit könnte bald Schluss ein. Das ist gut so.

KOMMENTAR VON SABINE AM ORDE

Gut ist auch, dass sich in der SPD diejenigen durchgesetzt haben, die ein gemeinsames Wertefach für alle SchülerInnen befürworten – und nicht Bildungssenator Böger. Denn in unserer multiethnischen und multireligiösen Stadt ist es dringend nötig, dass Kinder gemeinsam über unterschiedliche Werte, Religionen und Lebensentwürfe sprechen. Das kann die Auseinandersetzungsfähigkeit anregen, Weltbilder ankratzen und Verständnis füreinander fördern.

Wie dringend das notwendig ist, haben zuletzt drei Neuköllner Schüler gezeigt. Sie hatten den vermutlichen Ehrenmord an einer Deutschtürkin gutgeheißen, weil diese wie eine Deutsche gelebt habe, was in ihrem Denken mit „Schlampe“ und „Hure“ gleichzusetzen ist. Solche Jugendlichen brauchen Korrekturen: Ob sie die im islamischen Religionsunterricht bekommen, darf bezweifelt werden.

Allerdings hat sich die SPD schon einmal klar in Sachen Werteunterricht positioniert. Auch 2001 hat sich der Parteitag für ein Pflichtfach ohne Abwahlmöglichkeit ausgesprochen. Doch Böger war dagegen. Und natürlich haben die Kirchen Druck gemacht. Über beides muss sich die SPD jetzt hinwegsetzen. Dass sie das tut, dafür spricht zweierlei: Partei- und Fraktionschef Michael Müller hat Werteunterricht zu seinem Thema gemacht. Und die gesellschaftliche Debatte hat sich verschoben. Alle Welt schreit nach Wertevermittlung. Das neue Fach hat also eine echte Chance.