weinprobe : Riot Act
Viele deutsche Winzer sind in einem Milieu verhaftet, das sich noch immer über Weinkönigin, Winzerfeste und verkrustete Weinbauverbände definiert. Selbst Spitzenwinzer können sich dem nicht immer entziehen. Aber Spitzenweine sind vom individuellen Charakter ihres Weinbergs und Winzers geprägt. Es sind Weine, die etwas vom Ausbruch des Winzers erzählen. Das sind radikale, kompromisslose Weine, die oft in der Spießigkeit und verlogenen Gemütlichkeit deutscher Winzerdörfer entstehen. Es sind Weine, die trotzdem alles andere als bieder sind, sondern geistige Großzügigkeit und räumliche Weite ausstrahlen. Der jüngste Aufstand gegen das Establishment geschieht gerade in der Pfalz: Markus Schneider und Carsten Peter sind 26 Jahre alt, machen vieles anders als die Generation ihrer Väter – und haben Erfolg.
BLACK PRINT
Schneider träumt in Ellerstadt von geballter Kraft, Sanftheit und Eleganz. Und er lässt seine Träume zu Wein werden. „Black Print“ ist ein charismatischer Roter, der nichts mit dem zu schaffen hat, was man gemeinhin mit einem Pfälzer Alltagsrotwein verbindet. Er offenbart vielmehr, was in der Pfalz möglich ist, wenn ein Winzer seinen Weinberg und sich selbst ernst nimmt. „Black Print“ ist ein rotschwarzer Stoff, gewoben aus Merlot, Cabernet Sauvignon, Dornfelder und Blauem Portugieser. Verbindet Gegensätze, schmeckt schwer und elegant, sanft und kernig. Der raue Duft erinnert an Lakritz, Rauch und frisch gepflückte Waldbeeren. Schmeckt pikant und erfrischend. Gut zu gebratenem Lamm, mediterranen Gemüseaufstrichen und luftgetrocknetem Schinken.
2002 „Black Print“, Rotwein Cuvée, Pfalz, Weingut Schneider, 12,95 € im „Weinladen Sonnenallee“, Sonnenallee 102, 12045 Berlin, Tel. (0 30) 6 86 61 74, Di. bis Fr. 10.00 bis 19.00 Uhr, Sa. 9.00 bis 14.00 Uhr
HOCHBENN
Peter keltert in Bad Dürkheim einen ausdrucksvollen Riesling, der leichtfüßig und freundlich ist. Ein Nervenkitzel für den Frühling, voller Energie und Frische. Sein innerer Ausdruck ist hell, sein Duft limonenfrisch, sein Geschmack verbindet Saftigkeit mit einem Hauch Natursüße. Macht Schluck für Schluck mehr Lust, ohne dabei zu ermüden. Zu gebratenem Lachs oder asiatischen Speisen, wenn sie nicht zu scharf sind.
2002 „Hochbenn“ Riesling halbtrocken, Weißwein, Pfalz, Robertson, Weingut Castel Peter, 6,95 Euro im „Weinladen Sonnenallee“ (s. o.) TILL EHRLICH
Der Autor ist degustationserfahrener Weinkritiker und -publizist, 2003 wurde er als bester deutscher Weinjournalist mit dem Prix de Champagne Lanson ausgezeichnet