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Archiv-Artikel

weinprobe Mit viel Geduld und viel Geschichte

GLEINSWEILER HÖLLE

Es gibt Winzer, die sind in den landläufigen Weinbibeln dermaßen unterbewertet, dass es ein Skandal ist. Der Südpfälzer Theo Minges hätte allen Grund, sich darüber zu beklagen, aber er tut es nicht. Er setzt, wie auch beim Wein, auf den Faktor Zeit. Geduld ist eine Tugend, beim Wein wie im Leben. Minges hat eine Eselsgeduld. Seinen Weinen kommt diese Ruhe zugute: Sie werden, bis sie sind, sie täuschen nichts an und auch nichts vor. Sie vibrieren vor innerer Spannung, und doch, sie sind nicht intellektuell-verspannt, sondern dem Leben zugewandt. Ihre Frucht ist betörend: mal verschwenderisch (allen voran bei den fulminanten 2005er-Auslesen Muskateller, Gewürztraminer und Rieslaner), mal fein (die Rieslinge!), ihr Charakter verspielt und dabei doch vielschichtig und substanziell. Wer Größe schon beim kleinsten Wein beweist – dem animierenden 2005er Riesling Kabinett aus der Gleinsweiler Hölle –, der ist ein ganz Großer. Theo Minges hat eine der stärksten Weinkollektionen der gesamten Pfalz zu bieten. Entreißt sie ihm! 2005 Gleinsweiler Hölle Riesling Kabinett trocken, Theo Minges. 6,90 €, über Viniculture, Tel. (0 30) 8 83 81 74

GRÄFENHAUSER

Bleiben wir in der Südpfalz und wenden uns einem der erstaunlichsten Spätburgunder zu, den dieses Land in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Fünf Freunde, allesamt junge Südpfälzer Winzer, haben vor vier Jahren im Pfälzer Wald einen kleine verlassene, nahezu verwilderte Parzelle entdeckt, die über alte, rund 40-jährige Spätburgunder-Reben verfügte. Im Dorf, Gräfenhausen, erfuhren sie, dass dieser Weinberg seit dem 14. Jahrhundert existierte und sein Wein noch in den 1920er Jahren überaus berühmt gewesen war. Alten Büchern ist zu entnehmen, dass der „Gräfenhauser Edelburgunder“ auf den Kreuzfahrtschiffen Europas getrunken und so teuer bezahlt wurde wie kein anderer Pfälzer Rotwein. Weil der Arbeitsaufwand in diesem Steilstück extrem hoch ist und die von Wald umrahmte Lage unsichere Erträge bedingt, hat man sie in den letzten 80 Jahren sich selbst überlassen. „Schande!“, sagten die Twens, die sich zur Südpfalz-Connexion formiert haben, und reanimierten den Weinberg. Sie übernahmen jene alten Reben, die noch in Form waren, und stellten ihnen einen Mix aus hochwertigsten Burgunder-Pflanzen an die Seite. Die erste Lese erfolgte in der großen Hitze des Jahres 2003 und ergab ein einziges Fass Wein. Aber was für eines! Dass dieser füllige, wie in den 1920er Jahren mit mehrmonatiger Maischegärung vinifizierte Burgunder mit seiner intensiven Cassis- und Pflaumenfrucht keine Eintagsfliege, sondern ein Versprechen war, zeigt sein Nachfolger. Der feiner geartete 2004er präsentiert sich etwas schlanker, aber auch frischer, würziger, finessenreicher. Feinste Kirsch- und Waldbeerfrucht, Lakritz; kraftvoll, tiefgründig, konzentriert, straff strukturiert, lang anhaltend – ein Geheimtipp! 2004 Gräfenhauser Spätburgunder, SüdpfalzConnexion. 35 € zzgl. Versand ab Weingut, Tel. (0 63 41) 93 92 06 bzw. 39 € über Viniculture, Tel. (0 30) 8 83 81 74. STEPHAN REINHARDT