: ...weil wir drei Spiele verloren haben!
■ Desaster der schwedischen Mannschaft nach zwölf Jahren WM-Abstinenz / Die 1:2-Niederlage gegen Costa Rica war die Rückfahrkarte für die todunglücklichen Skandinavier
Genua (dpa) - Der Schock in Schwedens schwärzester Stunde saß tief. „Unfaßbar, unvorstellbar, einfach eine totale Katastophe.“ Thomas Ravelli, von Costa Ricas Stürmern zweimal bezwungener schwedischer Torwart, kommentierte Schwedens Scheitern bei der Fußball-WM in tiefstem Moll.
Tieftraurig und mit hängenen Köpfen waren die Skandinavier am Mittwoch abend nach der dritten 1:2-Niederlage und dem WM -K.o. aus dem Stadion in Genua geschlichen. Mit Leichenbittermiene und in Weltuntergangsstimmung bestiegen sie am Donnerstag in aller Frühe das Sonderflugzeug Richtung Heimat, wo sie eine „Beerdigung erster Klasse“ erwartete. „Das schlimmste Ergebnis seit der 2:3-Niederlage gegen Japan bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin“, so bezeichnete ein schwedischer Journalist das Desaster von Genua.
Sang-, klang-, sieg- und punktelos traten die Schweden die vorzeitige Heimreise von der WM an, für die sie sich nach zwölf langen Jahren der Abstinenz wieder qualifiziert hatten. Alle gerieten bei der Ursachenforschung des Debakels in einen Erklärungsnotstand. Glenn Hysen, der große grauhaarige Routinier, der auf dem Spielfeld in fairer Manier Fassung bewahrt und den Spielern Costa Ricas gratuliert hatte, verlor für Augenblicke die Contenance. „Weil wir drei Spiele verloren haben“, antwortete er gereizt auf die Frage nach den Gründen des Scheiterns.
Der 30jährige Hysen zählt wie Ravelli und Italien-Profi Glenn Strömberg zu Schwedens verlorener Generation, die die in den letzten Jahren geweckten großen Erwartungen nicht erfüllen konnten. Der Sieg beim glänzend besetzten Osterturnier von Berlin 1988 vor den Weltmeistern Argentinien und Deutschland, der die Schweden sogar in die Rolle eines WM-Geheimfavoriten schlüpfen ließ, erwies sich im nachhinein als wertlos. Als es darauf ankam, das Minimalziel WM-Achtelfinale zu erreichen, versagten Kopf, Nerven und Beine.
Ein Neuaufbau ist angesagt für die Europameisterschaft 1992 im eigenen Land, für die eine Art unfreiwillige Antiwerbung betrieben wurde. Erst die Diskriminierung des schwedischen Schiedsrichterstars Erik Frederiksson, dann der peinlich -blamable WM-K.o. Spötter meinen, der größte schwedische Erfolg des Jahres sei die Wahl des Verbandsvorsitzenden Lennart Johansson zum UEFA-Präsidenten.
Allen Ablöseforderungen zum Trotz will Johansson an dem glücklosen Olle Nordin als Nationaltrainer festhalten. Noch in Italien einigte man sich auf die Verlängerung des Vertrages um zwei Jahre. Und dazu noch zu verbesserten finanziellen Konditionen.
Schweden: Ravelli - Roland Nilsson, Hysen, Larsson, Schwarz
-Pettersson, Strömberg (80. Engqvist), Ingesson, Joakim Nilsson - Ekström, Brolin (34. Gren)
Costa Rica: Conejo - Flores - Marchena, Montero - Chavarria (75. Guimaraes), Gonzales, Ramirez, Gomez (61. Medford), Cayasso, Chaves - Claudio Jara
Zuschauer: 30.223
Tore: 1:0 Ekström (32.), 1:1 Flores (75.), 1:2 Medford (87.)
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