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Archiv-Artikel

warten auf … … Landowsky

Klaus Landowsky höchstpersönlich soll ins Gorki Theater kommen, um sich das Bankenstück „Das Geld, die Stadt und die Wut“ anzuschauen. Man wisse es aus sicherer Quelle, verbreiten die Aktivisten der Initiative Berliner Bankenskandal, die am Sonntagabend vor dem Eingang Flugblätter verteilen. „Dass der sich das traut“, meint eine der Zuschauerinnen, die die paar Treppen zum Theater hinaufsteigt. „Dass der sich das traut“, sagt auch der Nächste, dem die Kunde vom Erscheinen der grauen Eminenz offenbart wird. „Klar traut der sich. Mit breitem Grinsen auf dem Gesicht würde der an uns vorbeimarschieren“, sagt eine Dritte. Es ist die Summe aller Erkenntnisse, die sich den Berlinern und Berlinerinnen in die Seele geschrieben hat: Klaus Rüdiger Landowsky ist ein Grinser und einer, der sich traut. Mit Mut hat das nichts zu tun. Auch nicht mit Wagemut. Eher mit Geringschätzigkeit.

Es ist ein einsames Gesellschaftsspiel, das hier gespielt wird: Warten auf Landowsky, als wäre er Godot, heißt es. Nur dass Landowsky real ist. Soweit wir wissen, ist er der Mann mit den vielen Günstlingen. Der Mann, der durch Taktieren im Verborgenen ein Szenario zu verantworten hat, das noch immer im größtmöglichem Stil Steuereinnahmen in private Taschen umlenkt, und der diese Stadt dadurch an den Rand des Ruins bringt. So weit wir eben wissen.

Die Aktivisten der Bankenskandal-Initiative haben eine Gipsbüste des Imperators Landowsky wie einen Altar auf der oberen Plattform der Treppe vor dem Theater drapiert. Weil es windig ist, muss jemand den Gipskopf festhalten. Einer hat eine Kerze auf den Sockel gestellt.

„Lichtgestalt Landowsky“, sagt jemand. Manche verwechseln das weiße Konterfei mit dem des Alten Fritz. „Der hat eine viel größere Nase“, erklärt Peter Grottian, der Politikprofessor, der sich dem außerparlamentarischen Protest, der Agitation auf der Straße verschrieben hat, wie er noch einmal betont. Auf den Stufen vor dem Denkmal bereitet er die Theatergäste auf die Anwesenheit des realen Landowsky vor. Sein Bühnendouble sieht ihm übrigens erstaunlich ähnlich, nur dass es nicht so grinst.

Im Stück heißt der Politiker Brenner – von „brennen“, von „Feuer legen“, von „in Brand stecken“. Tatsächlich brennt es auch. Brenner jedoch, der Feuersichere, der gegen alles Imprägnierte, kommt durch. Auf der Strecke bleibt nur der gesellschaftliche Konsens, bleiben Ehrlichkeit und Achtung, und ein paar aus der Reihe derer, die einmal an soziale Gerechtigkeit geglaubt haben. Wie im wirklichen Leben eben. Das Stück ist gut.

Draußen warten noch immer die Aktivisten auf den echten Landowsky, obwohl die Theaterklingel in immer kürzeren Abständen schrillt. „Der SPD müssen Sie auch ein Denkmal setzen“, sagt ein Zuschauer, der vorbeihastet, „Gott, die Typen machen weiter wie gehabt.“ Und eine andere Besucherin glaubt nicht, dass das psychische Wohlbefinden Landowskys davon gestört würde, dass im Zuschauerraum neben ihm Menschen sitzen, die seine Machenschaften verurteilen. Und wenn ihn ein Farbbeutel träfe? „Das wird nicht der Fall sein, eher drückt ihm noch jemand ein Glas Sekt in die Hand“, meint sie. „Der Typ versucht doch alles, um sich gesellschaftlich wieder zu zeigen. Schauen Sie, der war sogar auf der Beerdigung von Sven Ottkes Opa.“ Woher sie das weiß? „Bin mit Ottke verwandt.“

Am Ende taucht Landowsky nicht auf. Auch Godot lässt sich bekanntermaßen nicht blicken. Die Aktivisten packen den Imperator wieder ins Auto. „Wenn wir gewonnen haben, kommt Grottian auf den Sockel“, sagt eine Aktivistin. In welcher Ahnengalerie er dann stehen wird, sagt sie nicht.

WALTRAUD SCHWAB