vorlauf : Betten und Fregatten
(„Die Hure der Republik“, ARD, 21.45 Uhr)
Ein höchst kultivierter Außenminister, der sich von seiner attraktiven, jüngeren Geliebten im Auftrag eines Staatskonzerns bestechen lässt, bietet nicht nur in Frankreich alle Ingredienzen einer süffisanten Story. Zumal wenn die Dame des Herzens die Affäre genüsslich in Buchform wie in der Presse ausbreitet. Dennoch geht es bei der Liaison zwischen Roland Dumas und Christine Deviers-Joncour um mehr als Bettgeflüster, lukrative Rüstungsaufträge und verschwundene Millionen. Mindestens so interessant wie jene Aspekte, die in den Medien und der Justiz aufgegriffen wurden, sind die Hintergründe der Affäre, die bislang kaum Thema der Ermittlungen waren.
In der Dokumentation „Die Hure der Republik“ – frei nach Deviers-Joncours Bestseller – zeichnet Michael Gramberg die Strukturen institutionalisierter Bestechlichkeit in der französischen Politik nach. Ins Visier gerät damit einmal mehr der Ölkonzern Elf Aquitaine, der seit Jahrzehnten mit viel Geld für die „Grande Nation“ Geschäfte anbahnt und vermittelt. Auf seiner Honorarliste stand eben jene Frau Deviers-Joncour, die einst den Wahlkampf von Dumas organisierte und ihn später davon überzeugen sollte, Fregatten nach Taiwan zu liefern. Mit der Scheckkarte von Elf kaufte sie ihm handgenähte Schuhe und ersteigerte hellenische Porzellanfiguren – der entscheidende Anstoß zum Milliardendeal mit Taiwan kam freilich vom damaligen Präsidenten Mitterrand.
Gramberg erzählt die Details dieses Geschäfts sorgfältig, vor allem aber lenkt er den Blick auf das komplexe Geflecht von Politik und Staatskonzernen, für das sich Frankreichs Justiz nur marginal interessiert. Das fügt sich hier zu einer Dokumentation, wie sie leider längst nicht mehr öffentlich-rechtlicher Standard ist: sauber in der Recherche einer brisanten Story, hintergründig, wo andere nur an der Oberfläche bleiben. In der Summe ist dies ein unterhaltsames wie intelligent erzähltes Lehrstück über Politik, Moral und Medien, das mit wenig überraschenden Gerichtsurteilen endet. Dumas wurde am Ende freigesprochen, die inzwischen mittellose Deviers-Joncours zu 18 Monaten Haft verurteilt. Wer spricht da noch von Liebe und Gerechtigkeit? RAINER BRAUN