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Archiv-Artikel

vorlauf Kein Pathos, keine Patina

„Helden ohne Ruhm“ (Dokumentarfilm; Arte, 16. 6., 22.05 Uhr; ARD, 17. 6., 21.05 Uhr)

Den Akteuren gescheiterter Revolten bleibt allzu oft ein trauriges Los in den Chroniken der Geschichte beschieden. Bestenfalls zu runden Jahrestagen wird an ihr Handeln erinnert, auch wenn die Deutungshoheit vergangener Ereignisse längst von anderen beansprucht wird. Da macht im Land der Dichter und Denker der 17. Juni 1953 keine Ausnahme. Schon im Mai begann die ARD mit der öffentlich-rechtlichen Erinnerungsarbeit, bei der selbstredend mit Guido Knopp der Chefideologe des ZDF für düster-dräuende Zeitgeschichte nicht abseits stehen durfte.

Andreas Chistoph Schmidt, einem der letzten couragierten Essayisten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen („Was war links?“), ist es zumindest ansatzweise gelungen, den „17. Juni“ gegen den Strich zu bürsten und filmisch von der Patina aus Pathos und Ideologie zu befreien. In dem Dokumentarfilm „Helden ohne Ruhm“ klebt er mit seinem Koautor Artem Demenok nicht nur an den unmittelbaren Ereignissen, sondern blättert zurück in eine Vorgeschichte des 17. Juni, die spätestens mit Stalins Tod am 5. März 1953 begann. Gewissenhaft und kompetent haben Schmidt und Demenok Archive durchforstet, Werktätige von einst befragt und Neues entdeckt, was das Bild dieses Aufstandes und einer rat- und hilflosen SED-Führung nicht korrigiert, aber abrundet und komplettiert.

Das fügt sich hier zu einem facettenreichen, informativen Blick auf einen Aufstand, der auch deshalb scheitern musste, weil in der politisch heiklen Situation des Kalten Krieges Führungspersönlichkeiten fehlten und der Westen dessen Erfolg in letzter Konsequenz nicht wollte. Schmidt und Demenok bewerten das kompilierte Material zurückhaltend, ihre Zeitzeugen sind aber stets mehr als bloße Stichwortgeber, die vorgefasste Meinungen illustrieren. Insofern bietet „Helden ohne Ruhm“ einen interessanten Zugang zu einem deutsch-deutschen Thema, auf dessen Fortsetzung wir schon deshalb gespannt sein können, weil die Sichtweise der Adenauer-Republik auf diesen 17. Juni weiterhin unerzählt bleibt.

REINER BRAUN