vorlauf kunst: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Ein Sonnenblumenfeld, das den ganzen Bildraum ausfüllt, und da, wo das Feld beginnt, eine junge Frau im T-Shirt mit einer Wasserflasche: Es ist eine simple Anordnung, die die norwegische Künstlerin Vibeke Tandberg in eine ungeheuer elegante und kluge Bildserie überführt. Jetzt ist „Sunflowers“ bei Klosterfelde in der Zimmerstraße zu sehen. Die junge Frau ist Tandberg selbst, wie sie die Rolle der Frauen in ihren Bildern immer selbst einnimmt. Doch dieses Mal ist sie allein. Sie buddelt eine Sonnenblume aus, um sie wenig weiter wieder einzupflanzen: so wenig Tun, so viel Effekt. Denn nun kommt immer mehr Horizont, mehr Himmel in die Abfolge der elf Bilder, die zwar alle die gleiche Höhe, aber verschiedene Breiten haben, und die sehr raffiniert, mal einzeln, mal in Zweier- oder Dreiergruppen, gehängt sind.
Bei Rachel Harrison, der gleichaltrigen Amerikanerin, die schräg gegenüber bei Arndt und Partner „Seven Sculptures“ ausstellt, ist die Anordnung komplexer, doch nicht weniger überzeugend. Gleich die erste ihrer sieben Skulpturen zeigt die mehrschichtige Anlage ihrer Arbeiten. Sie ist ein kantiges Gebilde aus mehreren Ebenen, auf einer Art Tragebahre ruht eine Art Tisch, auf dem wiederum eine Art Minimonument aufgeschichtet ist, vor dem ein Spielzeugindianer steht. Und in einer Schublade, die aus dem Tisch ragt, liegt eine Fotografie des jungen Marlon Brando. Der Materialmix erlaubt es Rachel Harrison, ihre Skulpturen auf äußerst effektive Weise mit Erzählungen aufzuladen. Und so verweist die Fotografie in einer blau gefärbten kantigen Plastik, die eine Hand in einem Fenster zeigt, auf ein Haus in New Jersey, in dem sich eine Marienerscheinung zugetragen hat. Die Menschen kamen, um mit ihrer Hand das wundersame Fenster zu berühren.
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