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Archiv-Artikel

vor ort DIRK ECKERT über die Umwandlung von Wohnraum in Parkplätze an der Kölner Messe

Wohnraum in Köln ist knapp und teuer. Über 8 Euro pro Quadratmeter beträgt die Miete im Durchschnitt, damit liegt die Domstadt noch vor der auch nicht billigen Landeshauptstadt Düsseldorf. Trotzdem wird demnächst ein ganzes Viertel mit 381 völlig intakten Genossenschaftswohnungen abgerissen. Bis Februar 2006 müssen die zuletzt rund 800 Mieter weg sein, dann rücken die Bagger an. Die ersten sind schon ausgezogen.

Seine Lage zwischen Messe und Deutzer Bahnhof wurde dem Barmer Viertel zum Verhängnis. Im Jahr 2000 entschied die Stadt, das 1913 erbaute Viertel im rechtsrheinischen Köln abzureißen und das ganze Areal großzügig umzugestalten. Ein neuer ICE-Bahnhof sollte nach Deutz, die Genossenschaftswohnungen Hotels, einem Kongresszentrum und Bürohochhäusern weichen. Stadtverwaltung und Politik wollten auf diese Weise den Wirtschaftsstandort rechtsrheinisches Köln stärken.

Nach Verhandlungen mit der Eigentümerin, der Genossenschaft „Erbbauverein“, kaufte die Stadt das Barmer Viertel für 65 Millionen Euro. Der Erbbauverein baute mit dem Geld neue Wohnungen, teilweise nicht weit entfernt. Die rund 800 Mieter und die Genossenschaft sind damit fein raus.

In Schwierigkeiten kam dagegen die Stadt. Die Bahn verzichtete plötzlich auf den Neubau des ICE-Bahnhofs und die Unesco setzte den Kölner Dom wegen der geplanten Hochhäuser auf die Rote Liste der bedrohten Kulturgüter. Mitte Dezember zog der Stadtrat den Bebauungsplan für das Gelände endgültig zurück, auf dem die Hochhäuser entstehen sollten. Im Plan ist nur noch der Abriss des Barmer Viertels. Wann und wie das Gelände wieder bebaut wird, ist aber völlig unklar. In der Lokalpresse wurde schon vor „Deutschlands teuerstem Parkplatz“ gewarnt. Die künftigen Parkplatzbesitzer sind allerdings optimistisch, das frühere Barmer Viertel bald verkauft zu bekommen. „Wir haben bereits Interessenten“; versichert Kölns Baudezernent Bernd Streitberger. „Wie viel verloren geht, wird man erst am Ende sehen“, sagt er. Die Frage sei ja auch, ob die Stadt wirklich Verluste macht oder nur nicht so viel einnehme wie erhofft, wenn statt Hochhäusern nur größere Bürokomplexe gebaut werden.

Nun soll ein Runder Tisch einen Bebauungsplan erarbeiten, der erstens die Unesco zufrieden stellen und zweitens möglichst viel Geld in die Kassen bringen soll. Einen erster Versuch der Stadt, in aller Eile einen Teil des Grundstücks zu verkaufen, bevor ein solches Konzept erstellt ist, hat der Liegenschaftsausschuss des Rates gestoppt.

Wer Schuld ist an der jetzigen Lage – das zu diskutieren hält Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz für „müßig“. Dass das Gelände des früheren Barmer Viertels eine Zeit lang unbebaut ist, hält sie für unvermeidlich. „Langfristig ist das kein geeigneter Standort für Wohnungen.“ Geht es dagegen nach Baudezernent Streitberger, könnten neben Büros und Hotels auch wieder Wohnungen gebaut werden. Nur das Barmer Viertel mit seinen Genossenschaftswohnungen ist in jedem Fall Geschichte.