vor ort : SEBASTIAN KORINTH über geschäftstüchtige Fußballfans in Holzwickede
18.700 Einwohner hat die Gemeinde Holzwickede im Kreis Unna – noch. Anfang Juni sollen aus aller Welt schlagartig über 2.000 neue hinzukommen. Auf einer grünen Wiese gegenüber dem Dortmunder Flughafen will Arne Schulte-Altedorneburg zusammen mit zehn Freunden Deutschlands größtes WM-Camp entstehen lassen. „Wenn ich Anfragen von Menschen aus Hongkong, Ungarn, Kanada oder Togo beantworte, gibt das schon einen Vorgeschmack auf das Abenteuer, das uns bevorsteht“, sagt der Camp-Organisator.
Ein Abenteuer in so mancher Hinsicht. Die elf Fußballbegeisterten warfen 30.000 Euro in einen Topf und gründeten die Firma „event-konzept“. 260 Tonnen Schotter, 1.000 Meter Stromkabel und knapp anderthalb Kilometer Zäune müssen für den Aufbau beschafft und vorfinanziert werden. Mindestens 50 Stunden werden die Bewerbungsgespräche für 150 Camp-Jobs dauern: Überwiegend Schüler und Studenten sollen Rezeption, Platzvergabe, Catering und Service übernehmen. „Es hat bei Fußball-Großereignissen noch nie dafür angelegte Campingplätze in großem Stil gegeben“, sagt Schulte-Altedorneburg. „Die Nachfrage war nicht so groß und das Klientel für Campingübernachtungen meist nicht in der Lage oder daran interessiert, zu den Spielen anzureisen.“
Mit Preisen von rund 15 Euro pro Nacht will der Camp-Organisator eine günstige Alternative zu den überteuerten Übernachtungsmöglichkeiten bieten. „Sicher wird das Camp keinen Vier-Sterne-Ansprüchen gerecht werden, aber die Duschen werden warm und sauber, der Service freundlich und die Wege trocken und gut beleuchtet sein.“ Er hofft, dass vor allem die gute Verkehrsanbindung Fußballfans in die Emschergemeinde lockt. Flughafen und Bahnhof sollen per Shuttle-Bus erreichbar sein. Eine Zugfahrt nach Dortmund dauert zwölf, nach Gelsenkirchen 45 Minuten. Selbst für die Anreise zu Spielen in Köln, Hannover, Berlin oder Frankfurt komme das Camp noch als zentraler Standort in Frage.
Ganz und gar nicht begeistert von dem Unternehmen war zunächst die Unnaer Polizei – vor allem aufgrund der Nähe zum Flughafen. Campbewohner könnten etwa mit Feuerwerkskörpern auf Flugzeuge schießen, sorgte sich Martin Vonstein, Leiter der Kreispolizeibehörde. Gespräche mit Holzwickedes Bürgermeister, dem Ordnungsamt und dem Landrat des Kreises konnten die Bedenken jedoch ausräumen. „Wir tun alles, um Probleme zu vermeiden, mehr können wir zur Zeit nicht machen. Wenn man immer gleich das Schlimmste unterstellt, darf man gar keine Fußballweltmeisterschaft ausrichten“, sagt Bürgermeister Jenz Rother (SPD).
Nur eins will der fußballbegeisterte Jungunternehmer Schulte-Altedorneburg im Sommer auf jeden Fall verhindern: gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Fans. „Bei einer Vollauslastung des Camps stehen zehn Personen Sicherheitsdienst bereit“, versichert er. Schließlich sind Kloppereien nicht gerade förderlich für die Stimmung unter den Fußballnarren. Und auch nicht gut fürs Geschäft.