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Archiv-Artikel

vor ort SIEGFRIED SCHMIDKTE über Kleinstaaterei und verärgerte Eltern in Bad Honnef

„Da wird die Kleinstaaterei wieder eingeführt, und das auf Kosten unserer Kinder“, schimpft Achim Zielke aus Bad Honnef. Der zweifache Familienvater ist sauer – und mit ihm rund 150 Eltern aus Bad Honnef, deren Kinder im Nachbarort Unkel zur Schule gehen. Sauer auf die Bezirksregierung in Köln, aber auch auf die Stadt Bad Honnef und das Schulministerium in Düsseldorf. Aus einem Anzeigenblatt haben sie erfahren, dass sie ab dem neu begonnenen Schuljahr, keine Fahrkostenerstattung mehr für die Schulfahrten ihrer Kinder bekommen. Auf einer Elternversammlung fiel dann auch noch die Bemerkung einer Honnefer Ratsfrau, dass Unkel „aus Bad Honnefer Sicht bereits Ausland“ sei. Unkel ist gerade mal fünf Kilometer südlich von Bad Honnef gelegen, gehört aber schon zu Rheinland- Pfalz.

Zielkes 15-jähriger Sohn Agavus besucht die 9. Klasse der Regionalschule Stefan-Andres-Schule in Unkel (RPL), die neben dem Hauptschul- auch den Realschulabschluss ermöglicht. Auch bietet die Schule Integrationsklassen für lernbehinderte Schüler und seit zwei Jahren Ganztagsbetreuung an, was viele Eltern, vor allem Alleinerziehende, zu schätzen wissen. Als größten Pluspunkt der Schule bewerten die Eltern jedoch die zweijährige Orientierungsstufe: Erst nach der 6. Klasse fällt die Entscheidung, ob die Haupt- oder die Realschule weiter besucht wird.

Die Mutter des 12-jährigen Patrick Gilbert rechnet vor, was der Beschluss der Stadt für ihre Familie bedeutet: „Für unsere zwei Kinder an der Unkeler Schule macht das fast 1.000 Euro pro Schuljahr aus.“ Insgesamt geht es um einen jährlichen Betrag von rund 70.000 Euro, der den Eltern nicht mehr gewährt werden soll.

Die Stadt Bad Honnef handelt auf Anweisung des Regierungspräsidenten in Köln. Dort war aufgefallen, dass an der Landesgrenze etliche Schüler das Gymnasium auf der Rheininsel Nonnenwerthund die Regionalschule in Unkel besuchen. Fahrkosten- und Lernmittelkostenerstattung gibt es nach Gesetz aber nur für den Besuch einer „nächstgelegenen Schule“. Die Schulaufsicht beim Kölner Regierungspräsidenten befand, dass Abitur, Haupt- und Realschulabschluss auch an Schulen in Bad Honnef erreicht werden könne.

Für Gymnasium und Hauptschule trifft das zu. Eine Realschule hält die Stadt Bad Honnef jedoch nicht bereit. Lediglich die katholische St. Josef-Schule in Trägerschaft des Kölner Erzbischofs bietet den Realschulabschluss. Die Aufnahme nichtkatholischer Schüler ist allerdings quotiert: 20 Prozent dürfen evangelisch getauft sein, ganze 5 Prozent ungetauft. Außerdem, so Vater Zielke, könne niemand Eltern zwingen, ihre Kinder katholisch erziehen zu lassen. Religionsfreiheit ist immerhin noch grundgesetzlich verbrieft.“ Er will gegen die Ablehnung seines Kostenerstattungsantrags vorgehen.

Auch die Stadt ist nicht glücklich mit der Verfügung des Regierungspräsidenten – Bürgermeisterin Wally Feiden (SPD) kündigte sogar rechtliche Schritte an. Sie bezeichnet die Anweisung als grotesk: „Meiner Meinung nach geht es hier nur ums Sparen, nicht um das Kindeswohl.“