vogelgrippe : Verantwortung statt Ohnmacht
H5N1 kommt. Wenn die Gefahr von Seuchen auftaucht, verfallen Menschen seit Jahrtausenden in die gleichen Reaktionen: Sie decken sich massenweise mit angeblichen Wundermitteln ein. Und sie werden von Panik oder Gleichgültigkeit erfasst.
KOMMENTAR VON DANIEL SCHULZ
Auch dieses Mal scheint sich das altbekannte Schema zu wiederholen: Ein Virus nähert sich von Osten, und die Behörden reagieren verwirrt. Widersprüchliche Anweisungen kommen von EU, Bund und Ländern: erst Entwarnung, dann doch Gefahr, Hühner wegsperren, Hühner draußen lassen. Wenn schon die Behörden so hilflos scheinen, was sollte dann der Einzelne überhaupt tun können? Fast schon anrührend wirkt es da, wenn der Senat Reisende auffordert, sich in der Türkei und in Rumänien von Vögeln und Geflügelmärkten fern zu halten. Doch Eigenverantwortung ist wichtig.
Denn der Staat allein kann in einer solchen Situation nicht alles richten. Er wäre damit überfordert, und würde er es dennoch versuchen, mutierte er zur Gängelungsmaschine. Deshalb werden in den Flughäfen Tegel und Schönefeld nur die Passagiere kontrolliert, die direkt aus Asien kommen, aber nicht jene, die irgendwo umgestiegen sind. Doch diese täten, wenn sie in Asien mit Vögeln Kontakt hatten, gut daran, einen Arzt aufzusuchen. Wer in der Stadt Hühner hält, sollte sie in den nächsten Tagen in den Stall sperren. Zu seiner eigenen Sicherheit und der seiner Mitmenschen.
Natürlich löst das innerlichen Widerwillen aus, in den Zeiten der „Wir sind Deutschland“-Kampagne und der „Es liegt an dir“-Attitüde mit den Schlagworten „Eigenverantwortung“ und „Gemeinwesen“ angesprochen zu werden. Aber dieses Mal geht es weder um nationales Wohlfühlgefühl noch um neoliberale Flexibilisierungsrhetorik. Sondern schlicht und ergreifend darum, das Wenige zu tun, was jeder Mensch in Berlin gegen den Ausbruch einer gefährlichen Krankheit unternehmen kann.