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Archiv-Artikel

verbote von foto-mobiltelefonen in den usa Vorsicht, kann Seitensprünge filmen!

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Stripclub in Las Vegas. Ihr Partner denkt, Sie führen wichtige Geschäftsverhandlungen. Ruft Sie an, und dann reibt auf dem farbigen Display seines Mobiltelefons ein Stringtanga an Ihrem Gesicht. Oder jemand fotografiert Ihr entblößtes Geschlechtsteil unbemerkt mit einem Kamera-Handy im Umkleideraum einer Schwimmhalle und verschickt es im Internet.

Nichts gegen süße Rache und die Aufdeckung übertrieben dargestellter Tatsachen, möchten aufgeklärte, nacktheitserprobte und skandalresistente Europäer denken. Nicht in Amerika. Hier geht ein Gespenst um: Das Ende der Intimsphäre. Denn jeder Besitzer eines Mobilfons mit Kamera ist ein potenzieller Voyeur, so wie jeder Küchenmessereigentümer ein potenzieller Katzenmörder ist. Sechs Millionen Amerikaner haben mittlerweile ein „cell phone“ mit Linse. Es war der große Renner unter den Weihnachtsgeschenken. Noch mehr Voyeure? Diese böse Vorahnung hat nun Amerikas Sittenwächter, Geschäftsleute und Politiker erfasst (zwei ganz eifrige Volksvertreter wollen gar den „Video Voyeurism Prevention Act“ im Kongress einbringen).

Vor allem Umkleideräume wurden als Gefahrenzonen ausfindig gemacht. So verbannten Fitnesscenter, etwa die YMCA-Clubs, mit mehr als 2.500 Dependencen, Mobiltelefone aus ihren Schwitzhallen. Der Stadtrat von Chicago bestimmte, dass Handys nicht mehr in Schwimmbädern und öffentlichen Parks benutzt werden dürfen. Bei Missachtung drohen 500 Dollar Strafe.

Solche Verbote erreichen jedoch bestenfalls den Hobby-Voyeur, nicht den Profi-Paparazzo. Zudem sind sie kaum durchzusetzen, will man nicht überall flughafenähnliche Überwachungen einführen. Das Dilemma: Niemand bestreitet, dass Fotos nicht ohne die Zustimmung des Abgelichteten geschossen und schon gar nicht veröffentlicht werden dürfen. Doch niemand will all die Vorteile, die mit der Drahtloskommunikation über die Menschheit gekommen sind, sogleich wieder auf den Müll der Geschichte werfen. Selbstverständlich fanden sich bereits Anwälte mit dem Spezialgebiet Privatsphäre, denen die Verbote zu weit gehen. Sie drohen mit Klagen gegen Stadtverwaltungen und Firmen.

Sie übersehen, dass jeder Wahnsinn in den USA Methode hat. Nach dem Motto „always blame the product“ sind Hamburger fürs Fettwerden verantwortlich, nicht der Vielfraß, heißer Kaffee für Verbrennungen, nicht der Trottel, der die Tasse nicht festhalten kann – und alte Autos ohne Airbag für die Folgen eines Unfalls, nicht der volltrunkene Mann am Steuer. Die Kamera-Telefone werden nicht aufzuhalten sein. Aber bald wird auf der Rückseite ein Aufkleber pappen: „Vorsicht, kann Seitensprünge, schlechtes Benehmen und ihren Körper filmen“. MICHAEL STRECK