urteil im müllprozess : Die Zeche zahlen die Kölner
Der Müllskandalprozess in Zahlen: Es ging um 21,6 Millionen Mark Schmiergelder und um einen Schaden für den Müllofenbetreiber AVG und damit den Kölner Gebührenzahler von 24,34 Millionen Mark. Die Hauptakte umfasst 17.000 Blatt und füllt 3 Räume. Innerhalb von 6 Monaten wurden an 41 Verhandlungstagen 57 Zeugen vernommen. Und was ist dabei herausgekommen? Wenig: Zwei milde Strafen, ein Freispruch. Aber immerhin ist bei dem Vorsitzenden Richter Martin Baur auch eine Erkenntnis geblieben: Das Hauptübel, dessen sich die Kölner Politiker schuldig gemacht hätten, sei nach Tacitus das „Verbrechen der Kriecherei“. Recht hat er. Aber was nützt es?
Kommentar von Pascal Beucker
Die Schmierereien des Anlagenbauers Steinmüller waren nur ein Faden im großen Müllgeflecht. Ob Christ-, Sozial- oder Freidemokraten: Von jeder Partei außer den Grünen waren Politiker in die schmutzigen Geschäfte im Zusammenhang mit der Kölner Müllverbrennungsanlage involviert. Das hat der Prozess nachdrücklich deutlich gemacht. Und etliche machten dabei ihren ganz persönlichen Reibach – legal, illegal, scheißegal. Nur werden sie wohl nie dafür zur Verantwortung gezogen – nicht einmal, wenn die Erinnerungslücken eines Zeugen meilenweit gegen den Wind stinken. Etliches ist ja ohnehin längst verjährt. Dazu gehören auch die Umstände, die dafür sorgten, dass der „Müll-König“ Hellmut Trienekens einst ins städtische Boot geholte wurde. „Darüber lässt sich viel spekulieren“, formulierte Staatsanwalt Joachim Roth diplomatisch in seinem Schlussplädoyer.
Nur erfahren werden es die Bürgerinnen und Bürger wahrscheinlich nie. Sie müssen nur die Zeche zahlen. Und die ist nicht klein, wie ein Blick auf die Kölner Müllgebühren zeigt. Auch Trienekens selber, der so gewinnbringend die Landschaft nicht nur am Rhein pflegte, wird sich dafür wohl nicht vor Gericht verantworten müssen. Nur wegen Steuerhinterziehung soll dem „Müll-König“, den genau zum rechten Zeitpunkt ärztlich bescheinigte Gesundheitsprobleme plagen, an ein paar Tagen im kommenden September der Prozess gemacht werden. Vieles wird also unaufgeklärt bleiben.
Doch immerhin gibt es auch noch Hoffnungsschimmer: Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen etliche Beschuldigte in Köln und Umgebung. Ihr ist zu wünschen, dass sie sich dabei geschickter anstellt als in dem jetzt gerade zu Ende gegangenen Prozess. Allerdings ist dabei auch Hilfe vom Gesetzgeber notwendig, beispielsweise durch eine klare Regelung zur Amtsträgerschaft. Gäbe es die bereits, wären die Strafen für Ex-AVG-Manager-Ulrich Eisermann und Steinmüller-Manager Sigfrid Michelfelder deutlich höher ausgefallen. So hinterlassen die Urteile tatsächlich einen faden Beigeschmack. Denn sie lassen den fatalen Eindruck entstehen, Korruption sei ein Kavaliersdelikt. Noch eine Konsequenz ergibt sich zwingend aus den milden Kölner Urteilen: Ein Anti-Korruptionsgesetz ist nötiger denn je.