urdrüs wahre kolumne : Ist Freiheit käuflich?
ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, hat nichts gegen die ADFC-Zielgruppe – sofern diese sich beträgt.
In der Fußgängerzone touchiert mich gestern ein rasender Radfahrer von hinten und statt daraufhin sein tiefes Bedauern angemessen zum Ausdruck zu bringen, herrscht dieses Früchtchen mich noch an: „Musst du dich unbedingt so breit machen?“ Ja. Muss ich. Und erwarte von den zuständigen Gremien des ADFC, diesen verhinderten Porschefahrer zur Rede zu stellen. Andernfalls werde ich als Volksbeauftragter für Spazier- und Müßiggang präventiv einige Ventile entfernen müssen.
Wenn man die aktuellen Aussagen der Meinungsforscher zum Bremer Wahlausgang ernst nimmt, kommt dabei durchaus nicht nur eine Mehrheit für Rot-Grün raus, sondern am Ende gar eine Zweidrittel-Majorität für Rot-Rot-Grün: Einer Räterepublik mit sofortigem Nato-Austritt stünde doch dann im Grunde nichts mehr entgegen. Fragt doch mal die Typen am Infostand, was sie von dieser Option halten. Sonst kann man ja auch gleich zu Hause bleiben …
Heuschnupf-Geplagte sehen sich dieser Tage in Hannover mit einer Discount-Apothekenwerbung konfrontiert, die verspricht: „Nase frei ab 2 Euro 36“. Für das Gebotene sicher ein Schnäppchen. Aber ist Freiheit überhaupt käuflich?
Dass ich das noch erleben darf! In einer Kneipe mit dem gediegenen Edel-Herb der Schaumburger Privatbrauerei offeriert mir dieser Tage ein abendlicher Handverkäufer die linke Zeitung Analyse & Kritik. Wird seine Ware natürlich los und hätte gar noch meinem Banknachbarn ein weiteres Exemplar verkaufen können, hätte er in tiefem Zweifel an der revolutionären Reifestufe der Menschheit nicht nur ein einziges Heft dabei gehabt. Immerhin hatten wir Gelegenheit zu einem ausgiebigen Gespräch, dessen Kommuniqué sich in drei Worten darstellen lässt: „Alles im Fluss.“ Babylon fällt sowieso …
Auf der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft CeWe Color in Oldenburg wurde die Hedge-Fonds-Mafia von den gemeinen kleinen Anteilseignern vernichtend geschlagen: Die schließlich wissen, dass Schwager Gottlieb nicht mehr zum Grillfest auf die Parzelle laden kann, wenn die Heuschrecken seinen Job im Labor auffressen. Wenn die Welt ein bisschen mehr von solcher Vernunft hätte, wir könnten im Juni getrost zum Nackicht-Baden nach Heiligendamm fahren, statt dort die Schweinepriester dieser Welt ins Meer zu treiben.
Wegen leichtfertiger Gefährdung von Schutzengeln möchten wir pauschal jene Brüder und Schwestern in Biker-Kutte abmahnen, die am heutigen Samstag im Konvoi den Braunschweiger Dom zum Gedenkgottesdienst an die Kumpels ansteuern, die es in der vorigen Saison aus der Kurve getragen hat. Auf dem Füllen der Eselin aber kam DES HERREN SOHN zum Tempel – nicht auf Harley, BMW oder Kawasaki …
„Um den Optimismus zu vitalisieren und zu propagieren“, kommt heute im Hamburger „Club der Optimisten“ ausgerechnet Guido Westerwelle als Ehrengast in die Hanse Lounge. Vermutlich referiert er zum „Ladenschluss als Grenzerfahrung“ – wenn ihn dann ein Joghurt aus dem Mitternachtseinkauf nach Ablauf des Verfallsdatums mit Dünnpfiff ins Lotterbett wirft, freut sich darüber mit Sicherheit ULRICH „Edeka“ REINEKING