unterm strich :
Also, alle sind ja ganz aus dem Häuschen. Die Show der Blue Man Group läuft in Berlin. „Spektakel!“ – „Sensation!“ – „Kultstatus!“ Manche Kollegen Kulturberichterstatter kriegen sich gar nicht mehr ein.
Und? Wie isse also, die Show? Sie ist zum Beispiel so, dass, wer sich vor Robinson-Clubs fürchtet, sie schon mal nicht besuchen sollte: Die Männer mit den blauen Gesichtskondomen greifen sich allzu gern Leute aus den Zuschauerreihen. Diskussion zwecklos – sie sprechen kein Wort. Außerdem ist sie so, dass wenige Minuten nach Beginn eine Sirene ertönt und das in der „Warmduscher“-Welle entstandene Wort „Zuspätkommer“ auf der Leinwand blinkt. Spotlight verfolgt einen jungen Mann bei der Suche nach seinem Platz. Leider kommt auch dieser Gag (ein paar Jahre) zu spät.
Aber die Produzenten geben sich Mühe, ihre Show auf die Stadt zuzuschneiden. Nur klappt auch das nicht recht. Als die Zuschauer den Text von Seeeds „Dickes B“ von der Leinwand ablesen sollen, bleibt es still im Saal – falsche Zielgruppe. Auch das Brandenburger Tor sowie Ost- und Westampelmännchen tauchen auf als Laseranimation, untermalt von kraftvoller Musik. Das ist ja ganz nett. Aber sensationell? Na ja.
Warum die Show in Berlin Europapremiere feiert und nicht in London? Vielleicht ist der englische Humor zu gut. Die Begründung der Blue Men: „Für uns ist Berlin der Mittelpunkt von Kultur und Kunst in Europa.“ Schmeichelhaft. Doch fällt es schwer, gelungene Trommeleinlagen, visuelle Effekte und andere eindrucksvolle Tricks zu honorieren, wenn sie dauernd von billigem Slapstick unterbrochen werden.
Nach dieser Produktenttäuschung noch ein paar seriöse Infos: Matt Goldman, Phil Stanton und Chris Wink, die 1991 mit einer Off-Broadway-Produktion als Multimedia-Performance-Künstler starteten, sind heute eher Geschäftsmänner. Angelernte Blaumänner locken jährlich über eine Million Zuschauer in Theaterhäuser in New York, Boston, Chicago und Las Vegas. Man kennt sie aus einem Werbespot für den Chiphersteller Intel. Die Berliner Show läuft im Theater am Potsdamer Platz.