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Archiv-Artikel

unterm strich

Das ist Pech mit Ansage. Als erster Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik will Gerhard Schröder die Bayreuther Festspiele besuchen und was hat er gebucht? Ausgerechnet den „Tannhäuser“ in der Inszenierung von Philippe Arlaud, der schon im letzten Jahr enttäuschte (siehe oben). Als hausbacken, kitschig, konzeptionsleer und oberflächlich wird die Wiederaufführung kritisiert, um vor dieser düsteren Folie allerdings den Dirigenten Christian Thielemann umso heftiger zu loben. An den muss sich der Regierungschef dann wohl mit seiner Bewunderung halten.

Singen kann nicht nur Kunst, sondern auch noch sportlicher Wettbewerb sein. Besonders, wenn die Stimmen unter freiem Himmel gegeneinander antreten, wie jetzt auf der Insel Mainau im Bodensee. Dort lief die Endausscheidung des Wettbewerbs „Operalia“, dessen Gewinner der spanische Tenor Plácido Domingo vorstellte. Gewonnen haben die 27-jährige Sopranistin Adriana Damato aus Italien und der albanische Tenor Giuseppe Gipali. „Operalia“ gilt als Türöffner für die großen Häuser. Das belegte der Gast Erwin Schrott, Sieger des Wettbewerbs 1998, der heute in Titelpartien in London, Washington und Los Angeles singt.

Das klingt nun doch ein wenig daneben, wenn nicht gar bestürzend naiv, zumindest für einen Generalmusikdirektor: Solange er sich nicht mit administrativen und finanziellen Fragen beschäftigen müsse, sondern dirigieren und Klavier spielen könne, bleibe er gerne in Berlin, sagte Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden, der Berliner Zeitung in einem Interview. So baut er allmählich vor, dass er keine Lust hat, an der Realisierung der Opernstiftung mitzuwirken, die jetzt nach zehn Jahren erfolgreicher Verweigerung der Opernhäuser doch politisch beschlossen wurde und mit Unterstützung von Bundesmitteln durchgesetzt werden soll. Schon fürchtet Barenboim ums Niveau und sieht sein Haus auf dem Weg nach unten.

Auf dem Weg nach oben scheint dagegen erst mal die „Kunst in der DDR“ in der Neuen Nationalgalerie Berlin. Die Ausstellung hat schon am ersten Wochenende rund 10.000 Besucher angezogen. „Das Interesse ist sehr groß, es wird viel diskutiert“, sagte der Sprecher der Staatlichen Museen, Matthias Henkel, am Sonntag. Die Kataloge zu der am Freitag eröffneten Schau verkauften sie „wie geschnittenes Brot“. Ob das der Popularität von Filmen wie „Sonnenallee“ und „Good Bye, Lenin“ geschuldet ist, dass die Erinnerung an die DDR jetzt plötzlich mehr interessiert als der lebende Staat jemals zuvor?