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Archiv-Artikel

unterm strich

Ein heftiger Streit ist um das Grazer Filmfestival „Diagonale“ entbrannt. Das Festival hat sich in den vergangenen Jahren als wichtiger kulturpolitischer Treffpunkt der Filmschaffenden etabliert. Kunst-Staatssekretär Franz Morak hat nun im Alleingang eine neue Leitung installiert und dem Festival eine neue Ausrichtung verordnet. Die Filmszene vermutet politische Hintergründe. Regisseure und Produzenten rufen zum Boykott auf. Für die Filmemacher liegen die Gründe für den Neustart auf der Hand: Das Festival hat wiederholt die rechtskonservative Regierung in Österreich kritisiert. Daher wertet die Szene das Vorgehen als Versuch, ein „politisch unliebsames Festival loszuwerden“.

Die Kritik der Filmschaffenden richtet sich vor allem gegen die Vorgehensweise des Staatssekretärs. Der konservative Kulturpolitiker nutzte die auslaufenden Verträge der bisherigen Leitung von Constantin Wulff und Christine Dollhofer zur inhaltlichen Neustrukturierung, ohne Gespräche mit Branchenvertretern zu führen. Dem bestehenden Trägerverein, in dem Vertreter aus allen Bereichen des Filmschaffens vertreten sind, stellte er einen neuen Verein gegenüber. Damit wurden, so die Vorwürfe der noch amtierenden Leitung, „demokratische Strukturen umgangen“.

Der Leiter der Viennale, des internationalen Filmfestivals in Wien, Hans Hurch, sieht jetzt „die Möglichkeit zu einem Lehrstück in republikanischer Selbstbestimmung – gegen die von oben verordnete Politik“. Er ruft dazu auf, ein Gegenfestival zu initiieren. Führende Filmemacher, darunter Michael Haneke, „Hundstage“-Regisseur Ulrich Seidl und die erfolgreiche Jungregisseurin Barbara Albert, die mit „Böse Zellen“ für den Auslandsoscar nominiert ist, wollen die neue „Diagonale 04“ boykottieren. Auch wichtige Institutionen wie der Regieverband, der Dachverband der Filmschaffenden und das Österreichisches Filminstitut lehnen das neue Festival ab.

Zugleich sehen Regisseure und Produzenten für die Zukunft des unabhängigen künstlerischen Films im Lande schwarz, da nach Moraks Plänen die Fernsehfilmproduktion ein stärkeres Gewicht bekommen soll. Dies zeichnet sich auch in der personellen Besetzung der neuen Leitung ab: Ehrenamtlicher Präsident ist Jan Mojto, der lange Zeit für die Kirch-Gruppe gearbeitet hat, als kaufmännischer Leiter wurde der ehemalige Geschäftsführer des privatenWiener Fernsehsenders ATV, Tillmann Fuchs, eingesetzt. Künstlerischer Direktor ist der Leiter des Belgrader Filminstituts und des dortigen Filmfestivals, Miroljub Vucković.