unterm strich:
Helge Scheider, systemrelevanter Außenseiter
Der Jazzmusiker und Multiinstrumentalist aus Mülheim an der Ruhr veröffentlicht am 16. Juli sein neues Jazz-Album „Die Reaktion“. Neben viel Instrumental-Jazz auf dem Piano und sogar ein bisschen Beethoven, Bach und Händel ist die Platte aber auch diesmal nicht ganz ohne „Quatsch“ ausgekommen. Schneider sieht sich selbst als „Musikclown“ und „systemrelevanten Außenseiter“ und sei das auch gerne, weil er von außen etwas reinbringe, was man sonst nicht auf dem Tisch habe, sagte der 65-jährige der Deutschen Presseagentur. Während der Pandemie habe ihm besonders die Distanz zum Publikum sowie das ständige Ein- und Ausgeladenwerden zu schaffen gemacht. Mit den staatlichen Hilfen für Künstler:innen sei er allerdings zufrieden gewesen. Bei seiner kommenden Sommertournee wird Schneider an etwa einem Dutzend Orten in Deutschland auftreten.
Biermann-Tagebücher in der Staatsbibliothek
Sowohl das Archiv als auch die Tagebücher des Liedermachers Wolf Biermann gingen gestern nach feierlicher Übergabe in den Bestand der Berliner Staatsbibliothek über. Diese hatte das Material mithilfe des Bundes sowie der Kulturstiftung der Länder erworben.
Der 84-jährige Biermann, der in Hamburg geboren wurde und 1953 aus politischer Überzeugung in die DDR auswanderte, wurde später zu einer zentralen Figur des Widerstands, die 1976 in seiner Ausbürgerung gipfelte und einen Sturm der Entrüstung in Ost und West auslöste. Biermann selbst hatte zum Festakt Lieder und Gedichte beigetragen.
1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Das Städtische Museum in Göttingen beteiligt sich an dem Festjahr mit einer einzigartigen Ausstellung von 18 bestickten und bunt bemalten Tora-Wimpeln. Sie stammen aus der insgesamt 28 Wimpel umfassenden Sammlung des Hauses und dokumentieren ein wichtiges Stück jüdischer Kultur. Als jahrhundertealte Textilien sind sie lichtempfindlich und werden sobald nicht wieder zu sehen sein.
Das älteste Exponat ist gleichzeitig eines der prächtigsten. Der rund vier Meter lange jüdische Tora-Wimpel stammt aus dem Jahr 1690 und ist reich mit Stickereien in kräftigen, leuchtenden Farben verziert. In Rot, Gelb, Grün, Hellblau, Braun und Weiß wurden Blumen, Ornamente sowie in der Mitte die hebräischen Buchstaben aufgebracht. „Natan, Sohn des Raw Rabbi Awraham – er möge viele gute Tage erleben – geboren unter gutem Stern“, liest Andrea Rechenberg, Leiterin des Städtischen Museums Göttingen, die Übersetzung vor: „Er werde groß zur Tora und zur Chuppa und zu guten Taten. Amen Sela.“
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