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Archiv-Artikel

unterm strich

Werden im Bundesfinanzministerium schon jetzt Listen für Streichungen im Kulturbereich vorbereitet, egal wer die Wahl gewinnt? Das vermutet der Deutsche Kulturrat und dann gibt es in der Tat großen Anlass zur Beunruhigung. Der Kulturrat fordert die Offenlegung der Giftlisten noch vor der Wahl. Denn seine Erfahrung ist, dass egal welche Regierung das Ruder übernahm, stets wurden nach einer Wahl fertige Streichlisten aus dem Bundesministerium der Finanzen hervorgezogen. Zu den betroffenen Kultureinrichtungen scheinen unter anderem die Kulturstiftung des Bundes und die Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu gehören, ohne dass die Betroffenen davon schon etwas wissen. Beides Maßnahmen, die von der Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode mit großem Engagement und unter Einsatz zusätzlicher Mittel angegangen wurden. Es stellt sich die Frage, ob hiermit das Bundesfinanzministerium im vorauseilenden Gehorsam vor einem möglichen Regierungswechsel die Kulturpolitik des Bundes wieder zurückdrehen will. Nach Informationen des Deutschen Kulturrat steht die Streichung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes ebenfalls wieder auf der Giftliste. Zurzeit sind unter anderem Bücher oder Kunstwerke mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belegt.

In ihren Antworten auf die Fragen des Deutschen Kulturrats an die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zur Bundestagswahl 2005 haben alle Parteien einvernehmlich geantwortet, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz erhalten bleiben soll. Es stellt sich die Frage, ob diese politischen Zusagen bereits vor der Wahl Makulatur sind.

Einen „kulturpolitischen Marshallplan“ hat der Deutsche Bühnenverein von der künftigen Bundesregierung verlangt. Ziel müsse die Entbürokratisierung der Kultur in Deutschland durch eine kulturfreundliche Gesetzgebung sowie der Schutz von Kunst vor einer „international drohenden Kommerzialisierung“ sein. Dies hat am Sonntag in Köln der Direktor des Bühnenvereins, Rolf Bolwin, gefordert. Im Deutschen Bühnenverein sind zurzeit rund 330 private und öffentliche Theater sowie Orchester mit insgesamt etwa 60.000 Mitarbeitern zusammengeschlossen.

Vor allem unter den immer komplizierteren Bestimmungen des Steuer- , Urheber-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts „leiden Theater und Orchester – und es wird täglich schlimmer“, kritisierte Bolwin. Je mehr Aufwand für die Verwaltung der Kultureinrichtungen getrieben werden müsse, „desto weniger Mittel stehen für die Kunst zur Verfügung“.