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Archiv-Artikel

unterm strich

Der Krieg im Libanon macht nun auch Schriftsteller zu Predigern. Die Osloer Tageszeitung Aftenposten hat einen Text von Jostein Gaarder veröffentlicht, in dem er Israel wegen der Angriffe sehr scharf verurteilt. Unter anderem schreibt Gaarder, dass man dem Staat Israel jede Anerkennung verweigern müsse, weil er unschuldige Zivilisten bombardiert. Doch dann holt der mit seinem Buch „Sophies Welt“ populär gewordene Autor noch weiter aus, vergleicht Israel mit einem Apartheidregime und spricht schließlich auch von dessen Irrtum, noch immer das Königreich Davids repräsentieren zu wollen. Dafür holt er sich seine Anleihen beim Alten Testament, sieht gar eine neuerliche Vertreibung der Juden, die bevorstehe, falls Teile der Bevölkerung wegen der Angriffe aus den von ihnen besetzten Gebieten fliehen müssten. Erst an diesem äußersten Punkt bittet Gaarder um Mitleid und Barmherzigkeit mit den dann wieder staaten- und schutzlosen jüdischen Bürgern.

Nach der Lektüre ist man einigermaßen ratlos: Warum ist Gaarder in seiner Wut so völlig blind dafür, dass auch Israel seit Beginn des Krieges permanent angegriffen wird? Und was haben Bibelzitate und Rabbisprüche mit der Realität zu tun, die doch nur vermindert ein religiöser Konflikt, vor allem aber einer um Staatlichkeit und die Anerkennung von Grenzen ist? Indem Gaarder den Glauben in den Vordergrund rückt, lenkt er von dem politischen Zwiespalt ab, der mit der Hisbollah für den Libanon eine Terrororganisation als Staat im Staate bereithält. Da passt es dann wieder, dass der Populist nach Erscheinen seines Artikels in skandinavischen Medien mit ähnlichen Populismen attackiert wird. Die Autorin Mona Levin nannte Gaarders Essay „das Schlimmste seit Hitlers ‚Mein Kampf‘“.