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Bei manchen wundert man sich, dass sie es überhaupt, bei anderen wieder, dass sie es erst jetzt bekommen. Billy Wilder musste erst 93 Jahre alt werden, um in Los Angeles das Bundesverdienstkreuz ans Revers geheftet zu kriegen. Eigentlich ist dafür der Bundespräsident zuständig, aber Johannes Rau hat dem deutschen Botschafter in den USA den Job überlassen. Das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik (heißt wirklich so) bekommt der in Österreich geborene Wilder, weil er, so das Bundespräsidialamt, „wie kaum ein anderer die deutsche Filmkunst in Hollywood verkörpert, die von hier aus zu zahlreichen weltweiten Erfolgen ausholte und deren Glanz auf Deutschland zurückstrahlt“. „Fünf Gräber bis Kairo“ war der erste Film, den Wilder nach seiner Emigration in den USA drehte – eine bissige Satire auf den deutschen Militarismus, in der die Engländer während des Zweiten Weltkriegs ein deutsches Munitionsdepot in Afrika vernichten (Darsteller Rommels war übrigens Erich von Stroheim). 1948 war Wilder einer der ersten Emigranten, die nach Deutschland zurückkehrten. In Berlin drehte er „Eine auswärtige Affäre“ und 1961 die Ost-West-Komödie „Eins, zwei, drei“, in der Liselotte Pulver vor russischen Funktionären auf dem Tisch tanzt, bis das Chruschtschow-Bild von der Wand knallt – so nett bewältigte man damals den Kalten Krieg. „Boulevard der Dämmerung“ (1950), Zeugin der Anklage (1958) oder „Manche mögen’s heiß“ (1959) – eigentlich hätte Wilder schon für jeden einzelnen dieser Filme das Bundesverdienstkreuz verdient, immerhin hat er zu Hause schon sechs Oscars rumstehen. Schon peinlich, dass Rau nicht selbst nach Los Angeles fahren wird. Dafür eine Standing Ovation für Billy: Stehen machen!

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