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unterm strich

Mächtig was los in deutschen Kinogefilden! Gerade sorgen die neuesten Auswirkungen der Multiplexsklerose für neuen Wirbel bzw. die demnächst anstehende weitere Konzentration der Großkinos. Zum einen die für 2005 anvisierte Fusion der beiden größten deutschen Kinobetreiber CinemaxX und UFA, zum anderen die Beteiligung der Kinowelt Medien AG an der Multiplexkette Theile Hoyts Kinopolis.Eher abgebrüht kommentiert Rolf Bähr vom Vorstand der Berliner Filmförderungsanstalt die zunehmende Monopolisierung: „Wenn man das Kino weiter erhalten will, muss man neue Formate entwickeln.“ Außerdem, so Bähr leichthin plaudernd, vertraue er auf die Ideen und die Kreativität der kleinen Betreiber: „Das ist vergleichbar mit der Entwicklung im Handel, als plötzlich die Kaufhausketten kamen.“ Schließlich hätten sich viele kleine Geschäfte auch behauptet. Krönender Abschluss seiner Äußerungen ist eine geradezu unverschämte Neudefiniton der Programmkinoexistenz im Wandel der Zeiten: „Die Filmkunstkinos müssen zum Entertainer werden und sich zur ernsthaften Konkurrenz entwickeln.“ Soso. War der Halligalli-Popcorn-Faktor nicht eigentlich Sache der Multiplexe?

Die Programmkinobetreiber zeigen sich angesichts solcher Schönrednerei eher skeptisch – zumal die Multiplexe den kleinen Häusern zunehmend Konkurrenz machen, indem sie ebenfalls Qualitätsfilme in ihren weniger ausgelasteten Sälen zeigen. „Der Gesamtmarkt wird enger, weil der Kuchen nicht größer, inzwischen aber an mehr Kinos verteilt wird“, meint Matthias Elwardt vom Hamburger „Abaton“-Kino. Erst wenn sich die Multiplexe in ihrem harten Konkurrenzkampf irgendwann gegenseitig das Wasser abgegraben haben und erste unrentable Häuser geschlossen werden, sieht Elwardt wieder Licht am Horizont: „Diese grausame Marktbereinigung könnte uns wieder Zuschauer zuführen, die die Multiplexe nicht mögen.“

Ob der Rücktritt des Geschäftsführers des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater, Wolf-Dietrich von Verschuer, mit solchen Entwicklungen etwas zu tun hat, ist eher fraglich. Von Verschuer hatte den Verband, den im letzten Jahr einige Multiplex-Betreiber verließen, seit 1990 geleitet.

Und zu guter Letzt schimpft noch Til Schweiger auf die deutsche Filmförderung. Allerdings greift Klein Til nur zum hunderttausendsten Mal die mega-abgedroschene Gegenüberstellung von Berliner Opernetat (80 Millionen) und den Mitteln des Filmboard Berlin-Brandenburg (30 Millionen) auf.

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