unterm strich:
Charlotte von Mahlsdorf, Berlins berühmtester Transvestit, ist tot. Sie starb bereits am 30. April im Alter von 74 Jahren in Berlin, wie das Berliner Gründerzeitmuseum am Freitag bestätigte. Laut der Samstagausgabe der Berliner Zeitung war ihr Tod bis zur Beisetzung am Freitag auf Wunsch der Familie geheim gehalten worden. Nach Angaben des Museums starb sie vermutlich an Herzversagen.
Die am 18. März 1928 als Lothar Berfelde geborene Charlotte von Mahlsdorf leitete bis 1997 das Gründerzeitmuseum in Berlin-Mahlsdorf. 1992 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Sie besaß eine besondere Ausstrahlung, von der sich Menschen nicht nur in der Schwulen- und Lesbenszene angezogen fühlten. Im April 1997 siedelte sie nach Schweden über und betrieb auch dort ein Gründerzeitmuseum.
Die Sammlerin von Kuriositäten hatte das Museum in einem Mahlsdorfer Gutshaus mit 23 Räumen 1960 eröffnet. Zehn Jahre später verlangten die DDR-Behörden Strafsteuern von ihr. Als Mahlsdorf sich weigerte zu zahlen, drohte man an, ihr die Schätze wegzunehmen. Ein Großteil der Stücke gab sie daraufhin an Freunde. Schließlich bekam sie die Erlaubnis, den Rest ihrer Sammlung zu behalten.
Charlotte von Mahlsdorf war erst im April zu einem Besuch nach Berlin gekommen. „Nach Deutschland komme ich stets, um zu arbeiten“, sagte sie damals in einem Gespräch. Zu ihrem Leben als Transvestit meinte sie: „Ich war schon als Kind eigentlich ein Mädchen: Ein weibliches Wesen im männlichen Körper.“
Und noch ein Nachruf: Der italienische Maler Gabriele Mucchi, der als Mitbegründer des Neo-Realismo galt und sich stets auch als „politischer Künstler“ verstand, ist am Freitag im Alter von 102 Jahren in seinem Mailänder Atelier gestorben. Das bestätigte die Berliner Kunststiftung Poll, zu der Mucchi engen Kontakt pflegte, denn die deutsche Hauptstadt war seine zweite Heimat.
Der Realist Mucchi, der, wie er in seiner Autobiografie schrieb, Kunst als „Engagement gegenüber den Menschen“ verstand, verbrachte sein Leben nicht nur in zwei Ländern, sondern in zwei Welten. Mucchi kam Mitte der Fünfzigerjahre in die DDR, die sich gern mit dem „internationalen Genossen“ und einstigen Partisanenkämpfer schmückte. Seine letzte Ruhe wird er denn auch auf dem Berliner Friedhof Friedrichsfelde finden, wo nicht nur die Künstler Käthe Kollwitz und Otto Nagel beigesetzt wurden, sondern auch die Gräber der kommunistischen Politiker Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sind.
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