unistreik : Demonstratives Praktikum
Nun streiken sie also mal wieder. Gegen schlecht organisierte Studiengänge. Gegen das eine bessere Organisation versprechende „Campus Management“. Und gegen Studiengebühren. Die Proteste des akademischen Nachwuchses wiederholen sich mit schöner Regelmäßigkeit. Ende November, spätestens Anfang Dezember raufen sich die Studierenden zusammen, beschließen eine Auszeit aus dem Unialltag und dann stellt sich eigentlich nur noch die Frage, ob das Demonstrationsfieber über die Weihnachtsferien anhält. Und wenn der Protest mal ein oder zwei Jahre ausfällt, dann wird er im dritten umso heftiger.
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Es wäre folglich einfach, den aktuellen Unistreik als studentische Folkloreveranstaltung abzutun. Aber nichts wäre dümmer. Denn die Proteste wiederholen sich nicht, weil den Studierenden das Demonstrieren so viel Spaß macht. Dann würden sie ihre Streikwochen wohl eher ins Sommersemester verlegen. Vielmehr muss jede Generation ihr Demonstrationspraktikum ablegen, weil sich die Bedingungen an den Hochschulen immer weiter verschlechtern. Die aktuellen Anlässe erscheinen – zum Teil zu Recht – banal. Aber die anhaltende Reduzierung der Unis auf eine schlicht marktorientierte Berufsausbildung schafft eine grundlegende Unzufriedenheit. Zum Glück ist der Nachwuchs noch nicht so stromlinienförmig, dass er diese Entwicklung ohne Murren hinnimmt.
Manchmal haben sie ja sogar Erfolg. Mit dem letzten großen Unistreik vor zwei Jahren brachten die Studierenden die Basis der PDS auf ihre Seite. Das von deren Wissenschaftssenator Thomas Flierl anvisierte Studienkontomodell wurde gekippt. Damit ist die Einführung der Studiengebühren in Berlin zwar längst nicht für alle Zeiten gestoppt. Aber schon deshalb ist ein erneuter Protest erforderlich.