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Archiv-Artikel

ukraine Für die Fälscher wird es eng

Wann der ukrainische Nochpräsident Kutschma seinen Wunschnachfolger Wiktor Janukowitsch fallen lässt, ist nur noch eine Frage der Zeit. Kutschma versucht sich aus dem Strudel des Untergangs zu retten. Mit seinem Einverständnis für Neuwahlen quittiert er die haarsträubenden Fehler Janukowitschs. Als der Ministerpräsident nach Donezk fuhr und mit Gouverneuren eine Reihe von Referenden über eine Teilung des Landes beschloss, hatte er für eine solche Volksbefragung weder die Legitimation, noch entspricht sie dem Wunsch der dortigen Bevölkerung. Janukowitsch ist inzwischen isoliert, sein Lager bricht auseinander. Auch Kutschma ist nicht mehr sakrosankt: Der Finanzminister fuhr ihm öffentlich über den Mund, als der Präsident den drohenden Ruin des Landes behauptete.

KOMMENTAR VON HEIKE HOLDINGHAUSEN

In der Ukraine gilt es derzeit, scharf zu unterscheiden zwischen symbolischem Handeln und realer Politik. Vor allem mit der Drohung, das Land zu spalten, hat Janukowitsch sich als Verhandlungspartner aus dem Spiel geworfen. Auch Russland wird auf das Angebot nicht eingehen. Die ostukrainische Schwerindustrie ist zwar ein verlockendes Ziel. Aber einen Konflikt mit dem Rest der Welt über die territoriale Integrität der Ukraine wird Putin für die Bergwerke im Donbass nicht riskieren.

Erfolgreicher ist die Opposition. Sie will die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ebenso respektieren, wie sie das ukrainische Parlament bejubelt hat, das die Wahlen für ungültig erklärte – auch wenn diese Entscheidung rechtlich nicht bindend ist. Auch der mutmaßliche Wahlgewinner Wiktor Juschtschenko bewegt sich im rechtsfreien Raum, auch er betrieb ursprünglich Symbolpolitik. Aber die Grenze zur realen Politik ist überschritten – vom Jubel für das Votum des Parlaments zum Respekt vor dem Urteil des Obersten Gerichts.

Mit seinem Beharren auf einer geordneten Lösung durch Neuwahlen vermittelt Juschtschenko seinen Anhängern Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Kutschma hingegen wird davon nicht profitieren. Derweil beschwört die geschickte Demo-Regie von „Nascha Ukraina“ immer wieder die Einheit der Ukraine in Frieden und Freiheit – damit gibt sie den Menschen auf der Straße das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen. Auf die Straße getrieben hat sie aber nichts anders als ihre Hoffnung auf ein besseres Land. Und dieses Gefühl ist in diesen Tagen deshalb sowohl die beständigste als auch die mächtigste Kraft.