über leipzig:
Mit Ulf Poschardt Ferrari fahren? Was für eine müßige Frage, die gerade in unserem Redaktionsraum die Gemüter bewegt! Der Kurzmelder fragt sich lieber, ob Bücher wie das von Poschardt die Welt bewegen oder doch nur die paar Schlaumeier unter den Sportwagenfahrern – gerade in Anbetracht der vielen Neuerscheinungen, die das Frühjahr bringt und die auch von den dicksten Literaturbeilagen nur unzureichend gesichtet, geordnet und gewertet werden können. (Ja, gerade wir mit unseren leider nur 12 Seiten wissen davon ein Liedchen zu singen). Traditionell steht der Bücherfrühling ganz im Zeichen der Leipziger Buchmesse. Gestern gab es den Eröffnungsfestakt mit einer Rede des ungarischen Autors und Friedenspreisträgers des Deutschen Buchhandels, György Konrád. Ab heute darf auch das Publikum in die Vollen gehen und die Messehallen besuchen, vor allem aber zu den über 800 Lesungen strömen, die es die nächsten vier Tage in Leipzig gibt. Nicht umsonst gilt: Leipzig fürs Volk, Frankfurt fürs Business! War es letztes Jahr Georg Klein der mit „Barbar Rosa“ über allem Kritikerkleinklein schwebte, so scheint es dieses Mal die DDR-Literatur zu sein, die noch einmal regiert, zumal in Leipzig: Sascha Anderson, Hermann Kant und Christa Wolf stellen heute ihre neuen Bücher vor (ob es da noch mal richtig Zoff gibt?), und auch Jungautoren mit DDR-Sozialisation warten mit Romanen auf: André Kubiczek, Falko Hennig oder Jochen Schmidt. Natürlich gibt es auch einen offiziellen Schwerpunkt: Südosteuropa, u. a. in personae von Schriftstellern wie Ismaël Kadaré, Bora Ćosić oder Dragan Velikić. Und Preise gibt’s ebenfalls noch und nöcher: den Kurt-Wolff-Preis für Kleinverleger, den Preis der Literaturhäuser, den Europäischen Buchpreis zur Verständigung 2002 (an Bora Ćosić) und erstmals auch den „Deutschen Bücherpreis“. Der orientiert sich am Publikumsgeschmack und den dementsprechenden Verkaufszahlen, wird am Donnerstagabend auf einer Gala mit Frank Elstner als Moderator vergeben, was nicht gerade Glamour verspricht, und hat dann gegen den Fußball keine Chance: Versteckt im MDR um 22.05 Uhr gibt’s die Gala auch im TV, als Aufzeichnung, weil Dortmund spielt. Neun Preise werden verliehen, darunter für „Bestes Sachbuch“ oder „Erfolgreichstes Debüt“, und als Preisträger schon bekannt sind Christa Wolf (Lebenswerk) und Joanne K. Rowling (Publikum). Sicher ist, dass Ulf Poschardt leer ausgeht; nicht ganz sicher ist, ob eine Mehrheit in unserer Kulturredaktion gern mit Poschardt Ferrari fahren würde. Das Ergebnis dieser eminent spannenden Umfrage erfahren Sie morgen an prominenter Stelle. gba
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen