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Archiv-Artikel

theater Unentschieden in Hollywood

Die Bonner Werkstatt-Bühne hat sich seit Ende letzten Jahres zum Schauplatz spontaner Theaterfreuden gemausert. In der Serie „Reality Bite(s)“ bespielt den kleinen Raum im Rücken der großen Oper, wer gerade Lust hat auf komödiantische, revuehafte oder auch intellektuelle Häppchen. Jeder Regisseur, jede Schauspielerin scheint sich mal am Servieren der oft leicht verdaulichen Kost zu versuchen. Und das Publikum strömt in Scharen, sicher auch angezogen vom günstigen Eintrittspreis.

„Hollywood vor Gericht“ ist die neunte Folge dieser Reihe. Die Kommunistenverfolgung in den USA zu Beginn der 1950er Jahre ist mit dem Titel gemeint, im Mittelpunkt des 70-Minuten-Stücks steht der „Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe“ des selbst besonders umtriebigen Senators Joseph McCarthy.

Regisseurin Simona Furlani hat einen Mix aus (Step-)Tanz, Gesang und Spiel choreographiert. Sie verwebt Fiction und Non-Fiction, Protokolle aus den Verhören der Hollywood-Stars und Lilian Hellmans „Zeit der Schurken“. Die Bühne ist unablässig voller Menschen, wie man sich das von Hollywood eben so vorstellt. Ronald Reagan, Walt Disney, Ayn Rand und Gary Cooper verteidigen sich, werden kurioserweise verhört von „Dick und Doof“, Oliver Hardy und Stan Laurel. Die Formationen des spritzigen Ensembles generieren mal ergreifende, mal entsetzliche, mal witzige Bilder, die wie vergrößerte und belichtete Filmschnipsel daherkommen. Anspielungen auf „Das große Fressen“, die „Westside Story“ und Musikfilme der McCarthy-Zeit reihen sich aneinander, unterbrochen von Monologen der Protagonisten.

Das Changieren zwischen den Stilmitteln und zwischen den Realitätsebenen wird dem Stoff prinzipiell gerecht und ist prinzipiell zeitgemäß. Doch die Inszenierung ist zu groß für die Werkstatt-Bühne, vor allem zu vollgepackt mit Verweisen, Spielebenen, Zitaten, gleichzeitig ablaufenden Handlungssträngen. Sie ist zu leicht für den schweren Stoff und zu schwer für einen schlichtweg unterhaltsamen Abend. Kurz: Sie hat sich nicht entschieden, und das rächt sich.

SEBASTIAN SEDLMAYR

„Hollywood vor Gericht“, Werkstatt-Bühne Bonn, 31. März, 2., 5. und 7. April, 20 Uhr, Tel. 0228/778008