■ taz intern: Genfer Vorgänge
Dem Genfer taz-Korrespondenten Andreas Zumach droht die Entziehung seiner Akkreditierung beim Genfer Sitz der Vereinten Nationen. Der Genfer UNO-Botschafter des aus Serbien und Montenegro bestehenden „Rest-Jugoslawien“, Vladimir Pavicević, hat UNO-Generaldirektor Vladimir Petrovski am 15. September zu diesem Schritt aufgefordert. Pavicević behauptet, gemeinsam mit „einer Gruppe von Journalisten“ habe Zumach den Konsul der Botschaft, Miroslav Milošević, sowie den dritten Sekretär, Milan Milanović, im UNO-Gebäude „beleidigt“ und in ihrer „Bewegungsfreiheit behindert“. Zumach habe Milanović „körperlich angegriffen“. Der Botschafter übermittelte sein Schreiben unter anderem auch an seine Kollegen in Deutschland und der Schweiz und UNO-Generalsekretär Butros Ghali.
Die taz weist die Anschuldigungen zurück. Sie verweist dabei auf einen Brief der Assoziation der UNO-Korrespondenten (ACANU) an UNO-Generaldirektor Petrovski, in dem sämtliche Vorwürfe gegen unseren Korrespondenten zurückgewiesen und im Gegenteil schwere Vorwürfe gegen die beiden restjugoslawischen Diplomaten erhoben werden.
Am 14. September hatten Milošević und Milanović an einer Pressekonferenz des EU-Vermittlers im Jugoslawienkonflikt, David Owen, teilgenommen. Dies verstößt gegen eindeutige, allen Genfer UNO-Botschaften bekannte Bestimmungen, wonach an Pressekonferenzen ausschließlich Journalisten teilnehmen dürfen. Die Vizepräsidentin und dann die Vorstandssekretärin der ACANU machten die beiden Diplomaten auf diese Bestimmung aufmerksam – in „höflicher und ruhiger Form“, wie selbst der Genfer Korrespondent der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug, Dragan Milošavljević, bezeugt. Darauf, so ACANU, reagierten die beiden Diplomaten mit „grob obszönen Bemerkungen“ und „Fäkalsprache“; so forderten sie die ACANU-Vorstandssekretärin auf: „Essen Sie Ihre eigene Scheiße!“ An dieser Stelle habe sich Zumach eingemischt und eine „Entschuldigung für diese Äußerung“ sowie „den Namen des Diplomaten verlangt“.
In zahlreichen Medien Rest- Jugoslawiens ist in den letzten Tagen eine Tanjug-Meldung vom 16. September über den Vorgang erschienen, die allerdings ausschließlich auf dem Schreiben der Genfer Botschaft Rest-Jugoslawiens basiert und aus den darin erhobenen Vorwürfen Tatsachenbehauptungen macht. Unter Verweis auf die Meldung hat der Verband der serbischen und jugoslawischen Organisationen in Deutschland gegen „das unrühmliche und aggressive Auftreten“ Zumachs protestiert.
Der Genfer Tanjug-Korrespondent Milošavljević hat sich inzwischen von der Meldung distanziert und zum Monatsende gekündigt. Mit Schreiben vom 20. September hat Tanjug-Chefredakteur Dušan Zupan Formfehler bei der Abfassung der Meldung wie „Weglassen von Anführungszeichen“ eingeräumt. taz
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